Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG darf Mineralöl als Luftfahrtbetriebsstoff von einem Luftfahrtunternehmen u.a. für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen und Sachen verwendet werden. Zu den Luftfahrtbetriebsstoffen gehört auch Kerosin, § 4 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 MinöStG. Dementsprechend bestimmt § 50 Abs.1 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStV), dass auf Antrag einem Luftfahrtunternehmen die Steuer für Luftfahrtbetriebsstoffe erstattet oder vergütet wird, die es im Steuergebiet versteuert bezogen und für steuerfreie Flüge verwendet hat. Unter einem Luftfahrtunternehmen ist ein Unternehmen zu verstehen, das Personen oder Sachen gewerbsmäßig, d.h. gegen Entgelt und nicht nur gegen Ersatz der Selbstkosten befördert[1].

Dabei kommt es nicht darauf an, dass das Unternehmen in den Erstattungsjahren weder über eine Betriebsgenehmigung nach § 20 des Luftverkehrsgesetzes noch über eine solche nach Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen verfügte und deshalb nach Auffassung des Beklagten auch kein Luftfahrtunternehmen in diesem Sinne war. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96, der seit dem 01.01.2004 anzuwenden ist (Art. 28 Abs. 2 der RL 2003/96), erfordert als höherrangiges Gemeinschaftsrecht für eine Steuerbefreiung lediglich, dass die Energieerzeugnisse als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werden. Dies ist dahin zu verstehen, dass bei der Luftfahrt, die unter diese Befreiung fällt, der Kraftstoff für ein Luftfahrzeug verwendet wird, das unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dient. Der Begriff „Luftfahrt“ verlangt somit, dass die entgeltliche Dienstleistung unmittelbar mit dem Flug des Luftfahrzeugs zusammenhängt[2]. Ob das das Flugzeug betreibende Unternehmen ein zugelassenes Luftfahrtunternehmen ist, ist dabei unerheblich[3].
Auf diese Bestimmung der RL 2003/96 kann sich die Klägerin auch unmittelbar berufen. Der EuGH hat bereits entschieden[4], dass sich ein einzelner unmittelbar auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle berufen kann. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 entspricht dieser Vorschrift, so dass für eine Erstattung oder Vergütung von Mineralölsteuer nach § 50 Abs. 1 MinöStV nicht mehr darauf abgestellt werden kann, ob der jeweilige Antragsteller ein Luftfahrtunternehmen betreibt.
In dem hier vom Finanzgericht Düsseldorf entschiedenen Fall hat die Klägerin den von ihr im Steuergebiet versteuert bezogenen Flugturbinenkraftstoff auch für steuerfreie Flüge verwendet, denn mit ihren Flügen hat sie unmittelbar entgeltlich Luftfahrt-Dienstleistungen erbracht. Sie hat mit dem ihr gehörenden Konzern-Jet Vorstände der Gesellschaften ihres Konzerns ausschließlich für geschäftliche Flüge befördert und ihre Leistungen ihrer Konzern-Muttergesellschaft in Rechnung gestellt.
Damit hat sie Luftfahrt-Dienstleistungen erbracht und keine eigenbetrieblichen Leistungen.
Dass sie ihre Dienstleistungen jedenfalls hinsichtlich des Flugbetriebs nicht auf dem Markt anbot, ist unerheblich, weil sie diese Dienstleistungen entgeltlich angeboten hat[5].
Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG wird auf Antrag eine Steuerentlastung für nachweislich versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die zu den in § 27 EnergieStG genannten Zwecken verwendet worden sind. Die Steuerentlastung kann in der Vergütung der Steuer bestehen (§ 45 EnergieStG). Nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG darf u.a. Flugturbinenkraftstoff steuerfrei in Luftfahrzeugen für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet werden. § 60 Abs. 4 EnergieStV definiert die private nichtgewerbliche Luftfahrt im Sinne des § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG in dem hier interessierenden Zusammenhang als die Nutzung eines Luftfahrzeugs durch seinen Eigentümer oder den durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen Nutzungsberechtigten zu anderen Zwecken als zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Sachen durch Luftfahrtunternehmen. Gewerbsmäßigkeit soll nach § 60 Abs. 5 EnergieStV vorliegen, wenn die mit dem Luftfahrzeug gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und der Unternehmer auf eigenes Risiko und eigene Verantwortung handelt.
Die Bestimmung des Begriffs der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt durch § 60 Abs. 4 EnergieStV widerspricht Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96, weil sie die Verwendung eines Luftfahrzeugs unmittelbar zur entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dann aus dem Anwendungsbereich des § 27 Abs. 2 EnergieStG ausnimmt, wenn der Betreiber kein Luftfahrtunternehmen ist. Darauf kommt es aber, wie bereits ausgeführt, nicht an. Da sich die Klägerin unmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96 als höherrangiges Gemeinschaftsrecht berufen kann[6], kann sich das beklagte Hauptzollamt nicht auf die dieser Vorschrift widersprechenden Bestimmungen des § 60 Abs. 4 EnergieStV stützen.
Zweifel an der von der Klägerin verfolgten Gewinnerzielungsabsicht, dem von ihr mit dem Flugbetrieb zu tragenden Risiko und der sie damit treffenden Verantwortung, sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar geworden, so dass auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 EnergieStV gegeben sind.
Gründe, für eine Annahme, die Organisation der Luftfahrtdienstleistung der Klägerin stelle einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 Abs. 1 AO dar, sind vom Finanzamt nicht vorgetragen worden, sondern werden von ihm nur für künftige Gestaltungen befürchtet. Derartiges ist im Streitfall allerdings fernliegend, da in dem Konzern, der die Klägerin angehört, nach Angabe in der mündlichen Verhandlung das Firmenflugzeug seit etwa 20 Jahren immer in einer eigenen Gesellschaft betrieben worden ist.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 7. März 2012 – 4 K 3955/08 VE
- vgl. BFH, Urteil vom 06.02.1996 – VII R 101/94, BFHE 179, 511[↩]
- EuGH, Urteil vom 01.12.2011 – C-79/10, Rz. 21[↩]
- EuGH,. Urteil vom 21.12.2011 – C-250/10, Rz. 24[↩]
- EuGH, Urteil vom 10.06.1999 – C-346/97, Slg. 1999, I-3419, Rz. 31[↩]
- EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C-250/10, Rz. 24[↩]
- EuGH, Urteil in Slg. 1999, I-3419 Rz. 31[↩]