Die EEG-Umlage nach § 37 Abs. 2 EEG 2012 ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keine verfassungswidrige Sonderabgabe.

Die geltend gemachten Einwände gegen die Verfassungsmäßigkeit der EEG-Umlage nach § 37 Abs. 2 EEG 2012 sind für den Bundesgerichtshof nicht begründet. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen die in Art. 105 ff. GG niedergelegten Grundsätze der Finanzverfassung nicht vor. Die EEG-Umlage stellt keine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion dar. Vielmehr enthält § 37 Abs. 2 EEG 2012 eine gesetzliche Preisregelung. Hierauf sind die für Sonderabgaben entwickelten Maßstäbe nicht – auch nicht entsprechend – anzuwenden. Ein „Formenmissbrauch“ des Gesetzgebers ist ebenso wenig ersichtlich wie eine Verletzung von Grundrechten der Netzbetreiber, Elektrizitätsversorgungsunternehmen oder Endkunden.
Bei der Verpflichtung der Elektrizitätsversorgungsunternehmen gemäß § 37 Abs. 2 EEG 2012, den Übertragungsnetzbetreibern mit der EEG-Umlage die Differenz zwischen den Kosten aufgrund der abzunehmenden EEG-Strommengen und den Einnahmen aus der Vermarktung zu erstatten, handelt es sich nicht um eine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion, an deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit das Bundesverfassungsgericht strenge Anforderungen stellt[1].
Bei der in § 37 Abs. 2 EEG 2012 geregelten EEG-Umlage fehlt es bereits an der Grundvoraussetzung für eine Sonderabgabe, der Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand[2].
Eine Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand hat der Bundesgerichtshof bereits für die erhöhten Beschaffungskosten verneint, welche die Energieversorgungsunternehmen aufgrund der Regelungen des EEG 2000 und – davor – des Stromeinspeisungsgesetzes zu tragen hatten[3]. Für die EEG-Umlage gemäß § 37 Abs. 2 EEG 2012 gilt entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes. An der fehlenden Aufkommenswirkung für die öffentliche Hand hat sich durch den neuen Abwälzungsmechanismus des § 37 EEG 2012 nichts geändert.
Anders als im Fall des sogenannten „Kohlepfennigs“ (hierzu BVerfGE 91, 186 ff.) fließt die EEG-Umlage, mit der die Förderung des Stroms aus erneuerbaren Energien finanziert wird, nicht der öffentlichen Hand zu – weder einem von der öffentlichen Hand verwalteten Sonderfonds noch einer anderen staatlichen Institution. Vielmehr statuiert das EEG 2012 – nicht anders als frühere Fassungen des EEG oder das Stromeinspeisungsgesetz – ausschließlich Leistungs, Abnahme- und Zahlungspflichten zwischen Rechtssubjekten des Privatrechts[4]. Dass zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und den Elektrizitätsversorgungsunternehmen auf der letzten Stufe des gesetzlich vorgeschriebenen Abwälzungsmechanismus keine „physische“ Weitergabe der EEG-Strommengen mehr erfolgt, sondern mit der EEG-Umlage nur noch eine Weitergabe der Weiterverkaufsverluste nebst Transaktionskosten, führt nicht dazu, dass die den Übertragungsnetzbetreibern zufließenden Gelder der öffentlichen Hand unmittelbar oder mittelbar zur Verfügung stünden. Vielmehr bleibt die EEG-Umlage in der Hand autonomer Privatrechtssubjekte[5].
Eine Verfügungsgewalt der öffentlichen Hand über die mit der EEG-Umlage generierten Geldmittel und damit die für eine Sonderabgabe erforderliche Aufkommenswirkung zugunsten der öffentliche Hand ist auch nicht aus der Ausnahmeregelung für stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen (§ 40 Abs. 1 EEG) herzuleiten.
Dieser Ausnahmeregelung ist für die rechtliche Qualifizierung der EEG-Umlage nach § 37 Abs. 2 EEG 2012 nichts zu entnehmen. Denn der Gesetzgeber verfolgt mit der EEG-Umlage einerseits und der Ausnahmeregelung für stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen andererseits unterschiedliche Zwecke. Die EEG-Umlage dient der in § 1 Abs. 1 EEG 2012 gesetzlich verankerten Zielsetzung, insbesondere im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Die Ausnahmeregelung in § 40 Abs. 1 EEG und den nachfolgenden Bestimmungen – eine entsprechende Ausnahmeregelung war bereits in § 40 Abs. 1 EEG 2009 und § 16 Abs. 1 EEG 2004 enthalten – bezweckt dagegen nicht die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, sondern hat eine Senkung der Stromkosten stromintensiver Unternehmen des produzierenden Gewerbes zum Ziel, um die internationale und intermodale Wettbewerbsfähigkeit der begünstigten Unternehmen zu erhalten (§ 40 Abs. 1 Satz 2 EEG 2012)[6]. Diese wirtschaftspolitische Zielsetzung ergänzt den umweltpolitischen Förderzweck des § 1 Abs. 1 EEG 2012.
Das Verfolgen unterschiedlicher Ziele innerhalb des EEG 2012 ist aufgrund des politischen und rechtlichen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers verfassungsrechtlich unbedenklich. Am Fehlen einer Aufkommenswirkung der EEG-Umlage zugunsten der öffentlichen Hand ändert die Ausnahmeregelung des § 40 Abs. 1 EEG 2012 nichts. Sie führt nicht dazu, dass die öffentliche Hand Verfügungsgewalt über die mit der EEG-Umlage generierten Geldmittel erlangte. Auch der Hinweis der Revision auf das beträchtliche finanzielle Volumen dieser Art der Förderung der Anlagenbetreiber einerseits und der stromintensiven Unternehmen andererseits rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Deshalb handelt es sich bei den gesetzlichen Vorgaben zur Höhe der auf den jeweiligen Stufen des Abwälzungsmechanismus gezahlten Vergütungen beziehungsweise Kostenerstattungen nach wie vor um (mehrstufige) gesetzliche Preisregelungen für Rechtsbeziehungen zwischen Privaten[7], deren Einhaltung die Bundesnetzagentur lediglich als Aufsichtsbehörde überwacht, ohne jedoch Zugriff auf die Finanzströme nehmen zu können[8]. Auf solche gesetzlichen Preisregelungen finden die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben keine Anwendung.
Auch eine entsprechende Heranziehung dieser Voraussetzungen kommt nicht in Betracht[9].
Sinn und Zweck der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Sonderabgaben ist es zu verhindern, dass der Gesetzgeber die Finanzverfassung des Grundgesetzes unter Rückgriff auf seine Kompetenzen aus Art. 70 ff. GG aushöhlt, indem er den Bürger jenseits der finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln und jenseits des Haushaltsrechts des Parlaments mit nichtsteuerlichen Abgaben belegt. Preisregelungen des Staates sind dagegen zulässig. Derartige Interventionen in den Marktmechanismus wirken sich nur im Bereich privatautonom vereinbarter Leistungsbeziehungen aus; der Schutzzweck der verfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben greift hier nicht ein[10].
Eine Preisregelung, wie sie in § 37 Abs. 2 EEG 2012 enthalten ist, berührt die Budgethoheit des Parlaments sowie die Kompetenzregelungen der Finanzverfassung nicht. Daher ist eine solche Preisregelung in den allgemeinen, durch die Grundrechte gesetzten Schranken und begrenzt durch die Sachkompetenz des Gesetzgebers zulässig[11]. Dadurch werden die von den Preisregelungen belasteten Privatrechtssubjekte hinreichend vor einer unzulässigen Ungleichbehandlung oder einer übermäßigen Einschränkung ihrer Freiheitsrechte geschützt.
Dass die Stromkunden durch die Belastung mit der EEG-Umlage in ihren Grundrechten – etwa aus Art. 3 Abs. 1 GG – verletzt wären, ist nicht ersichtlich. Das gleiche gilt für eine Verletzung von Grundrechten der Elektrizitätsversorgungsunternehmen oder der Netzbetreiber. Insbesondere liegt eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Stromkunden durch die Ausnahmeregelung der §§ 40 ff. EEG 2012 angesichts des in § 40 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 normierten Gesetzeszwecks nicht vor.
Ein „Umschlagen“ einer zulässigen Preisregelung in eine unzulässige Sonderabgabe liegt auch bei erheblicher Durchnormierung der privatrechtlichen Beziehungen nicht vor[12]. Denn dem Gesetzgeber steht ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben zu.
Bei der rechtlichen Beurteilung staatlichen Handelns ist zwischen dem Ziel – vorliegend dem in § 1 Abs. 1 EEG 2012 umschriebenen und in der Gesetzesbegründung näher erläuterten Förderzweck[13] – und der Form einer gesetzgeberischen Maßnahme, hier dem Mittel der Preisregulierung anstelle einer Sonderabgabe oder Steuer, zu unterscheiden. So mögen das Ziel und die Belastungswirkung der beiden möglichen Handlungsformen – Sonderabgabe und Preisregelung – ähnlich oder sogar identisch sein, ohne dass aber allein deshalb die für das Abgabenrecht geltenden Maßstäbe unbesehen auf eine Preisregelung anzuwenden wären[14].
Aufgrund des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers liegt in der Wahl einer Preisregulierung im Verhältnis zwischen privaten Rechtssubjekten anstelle einer Sonderabgabe oder einer Erhöhung der Stromsteuer, verbunden mit einer öffentlichrechtlich verwalteten Subventionsregelung zugunsten der Erzeuger erneuerbarer Energien, schließlich auch kein „Formenmissbrauch“[15].
Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 169/13
- vgl. hierzu zuletzt BVerfG, Urteil vom 28.01.2014, NVwZ 2014, 646, 650 ff., zu §§ 66 ff. FFG[↩]
- ebenso LG Chemnitz, ZNER 2013, 185 f.; LG Stuttgart, ZNER 2013, 417, 418; Sailer/Kantenwein in Reshöft/Schäfermeier, EEG, 4. Aufl., Einl. Rn. 126 ff.; Altrock/Oschmann in Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, 4. Aufl., Einf. Rn. 50 ff.; Bösche, IR 2013, 180 f.; Dalibor, EnWZ 2013, 419, 420 ff.; Gawel, DVBl.2013, 409, 411; Brandt, ER 2013, 91, 93 ff.; Bayer, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 2013, 104, 108 f.; aA Manssen, DÖV 2012, 499, 502 f.; Salje, EEG 2012, 6. Aufl., § 37 Rn. 10[↩]
- zum Stromeinspeisungsgesetz 1998 und zum EEG 2000: BGH, Urteile vom 11.06.2003 – VIII ZR 160/02, BGHZ 155, 141, 148 ff.; vom 22.12 2003 – VIII ZR 90/02, WM 2004, 748 unter – II 3; jeweils mwN; ebenso zum Stromeinspeisungsgesetz 1990: BGH, Urteil vom 22.10.1996 – KZR 19/95, BGHZ 134, 1, 13 ff.; vgl. auch BVerfG, NJW 1997, 573; aA Büdenbender, NVwZ 2004, 823, 825; Kube/Palm/Seiler, NJW 2003, 927, 930 f.[↩]
- vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11.06.2003 – VIII ZR 160/02, aaO S. 153 f., 157; BGH, Urteil vom 22.10.1996 – KZR 19/95, aaO S. 27 f.[↩]
- vgl. Riedel/Weiss, EnWZ 2013, 402, 406; Brandt, aaO S. 94 f.[↩]
- BT-Drs. 16/8148, S. 64 zu § 40 EEG 2009[↩]
- vgl. hierzu Gawel, aaO S. 413 ff.[↩]
- Brandt, aaO, S. 93 f.; zur Maßgeblichkeit dieses Gesichtspunkts: BVerfGE 75, 108, 147 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2003 – VIII ZR 160/02, aaO; BGH, Urteil vom 22.10.1996 – KZR 19/95, aaO S. 28 f.[↩]
- BVerfGE 114, 196, 249 f.; vgl. auch BVerfGE 77, 308, 339; BVerfGE 75, aaO[↩]
- vgl. BVerfGE 114, aaO[↩]
- Riedel/Weiss, EnWZ 2013, aaO; vgl. auch BVerfGE 105, 185, 194 f.[↩]
- BT-Drs. 17/6071, S. 1, 43 f.[↩]
- BVerfG, NJW 1997, 573 f.; vgl. auch BVerfGE 75, aaO; Dalibor, aaO S. 420; Riedel/Weiss, aaO; Gawel, aaO S. 412 f.[↩]
- Bösche, aaO, S. 181; Dalibor, aaO S. 421; ebenso BGH, Urteil vom 22.10.1995 – KZR 19/95, aaO; vgl. zum Formenmissbrauch allgemein: BVerfGE 24, 367, 398 ff.; BVerGE 38, 61, 80; BVerfG NVwZ-RR 1999, 376, 377[↩]