Die zu groß errichtete Biogasanlage

Ist die mittels eines von einer Biogasanlage gespeisten, entfernt von der Anlage aufgestellten Satelliten-Blockheizkraftwerkes erzeugte Strommmenge, zusammen mit der durch das Blockheizkraftwerk am Standort der Biogasanlage erzeugten Strommenge größer, als mit der genehmigten elektrischen Leistung der Biogasanlage produzierbar, liegt eine wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage i.S.v. § 16 Abs. 1 BlmSchG vor.

Die zu groß errichtete Biogasanlage

Eine Änderung der Anlage liegt vor, wenn vom Genehmigungsbescheid hinsichtlich der Lage, Beschaffenheit oder Betrieb der Anlage abgewichen wird. Erfasst werden qualitative Änderungen, also Änderungen innerhalb der vorhandenen Anlage wie quantitative Änderungen, also Erweiterungen[1].

Wenn mit der Anlage mehr Strom produziert wird, als es der genehmigten Leistung entspricht, liegt eine Änderung der Komponente Biogasanlage vor, da mehr Strom auch grundsätzlich eine höhere Biogaserzeugung voraussetzt, die auch wesentlich ist, weil nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hervorgerufen werden können.

Dies gilt nach Ansicht des Oberlandesgerichts Oldenburg auch dann, wenn die weitere „Bedingung“ der Genehmigung, wonach die Biogaserzeugung nicht mehr als 2,3 Mio. Nm3/a betragen dürfe, eingehalten wird. Ob es sich hierbei um eine Bedingung im eigentlichen Sinne handelt, kann das Oberlandesgericht mangels Zugriff auf die Genehmigung in ihrer Gesamtheit nicht sicher beurteilen. Ob es sich bei einer Nebenbestimmung um eine Bedingung oder um eine Auflage handelt, darf nämlich nicht allein aufgrund der Bezeichnung beurteilt werden. Maßgebend ist der Wille der Behörde, wie er sich für den Adressaten unter Würdigung der Gesamtumstände darstellt (Kopp/Ramsauer VwVfG, 13. Auflage, § 36 Rdn. 20). Sollte es sich bei der „Bedingung“ um eine auflösende Bedingung im eigentlichen Sinne handeln, könnte diese dazu geführt haben, dass bei Überschreitung der Biogaserzeugungsmenge die erteilte Genehmigung entfallen wäre.

Allerdings würde umgekehrt die Einhaltung dieses Wertes nichts daran ändern, dass eine wesentliche Änderung allein schon wegen der erhöhten Strommenge vorliegt:

Wenn die Verfallsbeteiligte in der Lage gewesen sein sollte, die mit 0,5 MW erreichbare Strommenge mit weniger als 2,3 Mio. Nm³/a zu erzeugen, führt der Umstand, dass sie jetzt mehr Strom produziert, dazu, dass sie auf jeden Fall hierfür mehr Gas als ursprünglich benötigt, was die Umwelt belasten kann.

Dafür dass beide Werte kumulativ einzuhalten sind, spricht der Beschluss der Fachkommission Städtebau der Bauministerkonferenz vom 23. März 2012 zur Neufassung des § 35 BauGB: Danach sind nämlich der Grenzwert der Feuerungswärmeleistung (jetzt 2,0 MW) und der Wert der Kapazität der Biogaserzeugung (2,3 Mio. Nm³/a) kumulativ einzuhalten.

Es kommt nur dann allein auf den Grenzwert für die Biogaserzeugungskapazität an, wenn am Anlagenstandort selbst kein Strom produziert wird, was hier jedoch der Fall ist. Da die letztlich von der Biogasanlage produzierte Strommenge exakt zu ermitteln war, kann deshalb auf den MW Grenzwert abgestellt werden, was bei einer reinen Einspeisung nicht der Fall ist.

Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 9. April 2013 – 2 SsBs 59/13

  1. Jarass, BImSchG, 8. Auflage, § 16 Rdn. 6[]