Mit der Übergabe der verkauften Sache geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über, § 446 BGB. Dies gilt nach Ansicht des Landgerichts Freiburg freilich nicht bei einem Vertrag über die Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage.

Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob auf das Rechtsverhältnis Kaufvertrags- oder Werkvertragsrecht anwendbar ist. Nach Werkvertragsrecht wäre die Preisgefahr, um die vorliegend gestritten wird, mangels Abnahme nicht auf die Bestellerin übergegangen. Gleiches gilt jedoch auch bei Anwendung des nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hier einschlägigen Kaufvertragsrechts.
Vorliegend hat die Verkäuferin vertraglich eine Montage- und Anschlussverpflichtung übernommen, die die Parteien mit mehr als 10 Prozent des Gesamtpreises bewertet haben. Nach § 434 Abs. 2 BGB ist ein Sachmangel auch dann gegeben, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist. Diese Montageverpflichtung ist nach neuem Schuldrecht eine Hauptleistungsverpflichtung [1]. Die Preisgefahr kann vorbehaltlich anderweitiger Regelung, dass der Verkäufer zu Teilleistungen berechtigt sein soll, erst nach Durchführung der Montage auf den Käufer übergehen. Übergabe im Sinne von § 446 BGB ist nämlich die Übergabe zum Zwecke der Erfüllung des Kaufvertrages [2]. Nachdem die Klägerin jedoch noch zur Montage verpflichtet war, scheidet eine Übergabe zu diesem Zweck bereits zum Zeitpunkt der Anlieferung auf der Baustelle aus [3].
Tragender Rechtsgrund für die Gefahrtragungsregel des § 446 BGB ist, dass der mit dem Kaufvertrag bezweckte Erfolg mit der Übergabe wirtschaftlich im wesentlichen eingetreten ist, weshalb ab diesem Zeitpunkt dem Käufer die Nutzungen der Sache gebühren. Zum anderen findet die Verteilung der Preisgefahr in § 446 BGB darin seine Rechtfertigung, dass der Käufer von der Übergabe der Kaufsache an die notwendigen Einwirkungs- und Überwachungsmöglichkeiten hat, die es rechtfertigem, ihm dieses Risiko aufzuerlegen [4]. Deshalb sind die Voraussetzungen des Gefahrübergangs dadurch zu bestimmen, dass es auf die wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit des Käufers ankommt [5]. Übergabe ist demnach die Übertragung des Besitzes, also der tatsächlichen Gewalt über die Sache. Wesentlich ist, dass der Verkäufer die Sachherrschaft vollständig aufgibt und der Käufer sie erlangt [6].
Diese Voraussetzungen sind im vorliegend zu beurteilenden Fall sämtlich nicht erfüllt. Die Bestellerin konnte trotz Anlieferung der Module auf der Baustelle zu jenem frühen Zeitpunkt gerade nicht ungehindert durch die Klägerin auf die Sache einwirken. Auch bestand vor Montage keinerlei Nutzungsmöglichkeit hinsichtlich des Kaufgegenstandes. Vor diesem Zeitpunkt konnte die Sache nach den vertraglichen Vereinbarungen für die Bestellerin überhaupt keinen Nutzen haben, vielmehr war die Klägerin noch befugt (und verpflichtet), die Module zu montieren. Die Bestellerin war demnach bis zur Erfüllung der Montageverpflichtung von den Nutzungen der Module ausgeschlossen.
Dass die Klägerin vorliegend nicht zu Teilleistungen berechtigt sein sollte, ergibt sich aus der vertraglichen Vereinbarung, wonach eine Abnahme erfolgen sollte. Diese sollte, wie die Zahlungsbedingungen ergeben, nach dem letzten Leistungsakt der Klägerin, nämlich dem Netzanschluss stattfinden. Teilleistungen waren demnach nicht vorgesehen (vgl. im übrigen § 266 BGB). Die der Bestellerin zugebilligte Abnahme nach Netzanschluss wäre sinnentleert, würde der Anspruch auf Kaufpreiszahlung trotz teilweise mit Recht verweigerter Abnahme (in voller Höhe) fällig.
Landgericht Freiburg, Urteil vom 10. März 2014 – 12 O 139/13
- vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann [Mai 2013] § 434 Rdnr. 114[↩]
- vgl. Staudinger/Beckmann aaO § 446 Rdnr.19[↩]
- vgl. a BGH, Urteil vom 22.12 1999 – VIII ZR 299/98, BGHZ 143, 307-314 Rdnr.19 zu dem nicht völlig identischen Begriff der Ablieferung im Sinne von § 438 BGB bei vereinbarter Installation der gekauften Software; vgl. zum Zeitpunkt der Ablieferung bei Montageverpflichtung auch Palandt/Weidenkaff BGB 73. A. § 438 Rdnr. 15[↩]
- Walter, Handbuch des Schuldrechts Bd. 6 § 6 I 2 a[↩]
- vgl. MünchKomm/H.P.Westermann 6.A. § 446 BGB Rdnr. 5[↩]
- Soergel/Huber 12. A. § 446 BGB Rdnr. 10[↩]