Außenwirksame Höhenbegrenzungen für Windenergieanlagen in Vorrangstandorten können nicht nach § 35 Abs. 3 Satz 2,3 BauGB vorgenommen werden, da es es im ROG keine Rechtsgrundlage hierfür gibt.

So hat das Verwaltungsgericht Stade entschieden. Die Klägerin betreibt einen Windpark mit fünf Windenergieanlagen mit einer Höhe von jeweils bis zu 100 m. Die Gesamthöhen der Windenergieanlagen werden unter Ziffer 4.2.2.3, letzter Spiegelstrich des Erläuterungsberichts des Flächennutzungsplanes, der auf das Regionale Raumordnungsprogramm 2004 des Beklagten (RROP 2004) Bezug nimmt, mit nicht höher als 100 m bezeichnet. Die Klägerin begehrt nun die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit zweier Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils bis zu 150 m.
Die geplanten Windenergieanlagen sind genehmigungsbedürftig gemäß §§ 4 Abs. 1 BImSchG, 2 Abs. 1 i. V. m. Nr. 1.6. Spalte 2 des Anhangs der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV). Denn ihre Gesamthöhe beträgt mehr als 50 m. Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erteilen.
Gemäß § 9 Abs. 1 BImSchG in der seit dem 1. März 2010 geltenden Fassung[1] soll auf Antrag durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht. In der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts[2] ist anerkannt, dass ein berechtigtes Interesse anzunehmen ist, wenn vernünftige Gründe für ein gestuftes Vorgehen vorhanden sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Bindungswirkung des Vorbescheides geeignet ist, das Investitionsrisiko des Antragstellers zu verringern, indem hinsichtlich wesentlicher Teilfragen eine verbindliche Klärung vorab erreicht werden kann. Zu den Genehmigungsvoraussetzungen zählen die in § 5 BImSchG niedergelegten Grundpflichten sowie die Einhaltung der Anforderungen, die sich aufgrund der einschlägigen Rechtsverordnungen ergeben, § 9 Abs. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Daneben ergeben sich materielle Anforderungen auf Grund sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften, § 9 Abs. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG; das schließt u. a. die Erfüllung der bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen ein, die bei Außenbereichsvorhaben § 35 (BauGB) zu entnehmen sind. Gegenstand des Vorbescheides kann mithin als Genehmigungsvoraussetzung jede beliebige Vorfrage der Genehmigung sein, sofern sie bereits abschließend beurteilt werden kann[3]. Ein Vorbescheid kann damit zu jeder einzelnen für die Genehmigung relevanten Frage ergehen, die im Vorgriff auf sie rechtlich und tatsächlich auch geklärt werden kann.
Gemessen an diesen Maßstäben ist es zulässig, dass die Klägerin einen Vorbescheid bezogen auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Anlagenhöhe von bis zu 150 m beantragt. Diese Frage kann sowohl rechtlich als auch tatsächlich isoliert von anderen Genehmigungsvoraussetzungen geklärt werden, zumal der Beklagte die Ablehnung des beantragten Vorbescheides allein auf die Überschreitung der zulässigen Gesamthöhe gestützt hat. Das berechtigte Interesse der Klägerin, die Frage der bauplanungsrechtlich zulässigen Höhe vorab zu klären, folgt daraus, dass dieser Punkt mit Blick auf das Investitionsrisiko der Klägerin von zentraler Bedeutung ist. Denn nur ab einer bestimmten Gesamthöhe sind Windenergieanlagen hinreichend leistungsstark, um die Voraussetzungen des § 30 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) – Windenergie Repowering – zu erfüllen und die dort genannte Erhöhung der Anfangsvergütung von 0,5 Cent pro Kilowattstunde zu erhalten.
Als Vorhaben im Außenbereich, welche der Nutzung der Windenergie dienen, fallen die von der Klägerin geplanten Windenergieanlagen unter den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Danach ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn die Erschließung gesichert ist und öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Die Privilegierung bewirkt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts[4] grundsätzlich ein stärkeres Durchsetzungsvermögen des Vorhabens gegenüber den von ihm berührten öffentlichen Belangen. Durch die generelle Verweisung der in § 35 Abs. 1 BauGB genannten Vorhaben in den Außenbereich hat der Gesetzgeber eine planerischen Entscheidung zugunsten dieser Vorhaben getroffen. Dies bewirkt, dass sich im Rahmen der Abwägung ein privilegiertes Vorhaben zu Lasten von öffentlichen Belangen und insofern zu Lasten der Allgemeinheit auch dann noch durchsetzen kann, wenn unter gleichen Voraussetzungen ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB wegen dieser von ihm beeinträchtigten öffentlichen Belange (schon) unzulässig ist.
§ 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB enthält eine nicht abschließende Aufzählung derjenigen Tatbestände, die zu einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange führen. § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB enthält eine Sonderregelung, sogenannte „Raumordnungsklausel“, durch welche die Ziele der Raumordnung einen Bedeutungszuwachs erfahren, der es nicht mehr ohne Weiteres erlaubt, sie mit den in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannten sonstigen öffentlichen Belangen auf eine rechtliche Stufe zu stellen[5]. Nach § 35 Abs. 3 Satz 2, 1. HS BauGB dürfen raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 öffentliche Belange in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts[6] und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts[7] ist anerkannt, dass die Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die Errichtung von Windenergieanlagen im gemeindlichen Außenbereich unter einen Planungsvorbehalt stellt, der sich an die Gemeinden bzw. Samtgemeinden als Träger der Flächennutzungsplanung und – für raumbedeutsame Anlagen – an die Träger der Raumordnungsplanung, insbesondere der Regionalplanung, richtet. Dieser Planungsvorbehalt setzt gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Windenergieanlagen an bestimmten Standorten voraus, durch die zugleich ein Ausschluss der Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben wird. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verleiht derartigen Festlegungen rechtliche Ausschlusswirkung gegenüber dem jeweiligen Bauantragsteller und Vorhabensträger mit der Folge, dass Vorhaben außerhalb der Konzentrationszonen in der Regel unzulässig sind. Für das RROP 2004 der Beklagten würde daraus folgen, dass Windenergieanlagen mit einer Höhe von bis zu 150 m nur in solchen Vorrangstandorten zulässig wären, für die eine entsprechende Maximalhöhe festgelegt ist. Im Umkehrschluss wären Windenergieanlagen mit dieser Höhe im sonstigen Außenbereich und in Vorrangstandorten mit einer niedrigeren Höhenbegrenzung ausgeschlossen. Diese letztgenannte Ausschlusswirkung kann jedoch nur dann eintreten, wenn Höhenbegrenzungen überhaupt bzw. rechtmäßig festgelegt worden sind. Weder die Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen zu 1. noch das RROP 2004 des Beklagten stehen dem Vorhaben der Klägerin gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen.
Eine Höhenbegrenzung von Windenergieanlagen im Vorrangstandort F., die im Wege der bauleitplanerischen Feinsteuerung im Flächennutzungsplan als nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 16 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) mögliche Darstellung des Flächennutzungsplanes hätte erfolgen können[8], ist im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. nicht erfolgt. Die im Textteil/Erläuterungsbericht des Flächennutzungsplanes getroffenen Hinweise auf das RROP 2004 des Beklagten, in dem eine Höhenbegrenzung von 100 m für den Vorrangstandort F. festgelegt ist, sowie die Gesamthöhenbezeichnung der Windenergieanlagen von 100 m erzeugen keine außenverbindliche Rechtswirkung. Rechtsverbindliche Außenwirkung kann nur solchen Darstellungen zukommen, die Bestandteil eines Planes geworden sind. Die gemäß § 5 Abs. 5 BauGB dem Flächennutzungsplan beizufügende Begründung ist jedoch nicht Bestandteil des Flächennutzungsplanes[9]. Im Planteil, der im Übrigen vom Beklagten selbst als „verbindliche Darstellung“ bezeichnet wird, finden sich aber keine Angaben zum Maß der baulichen Nutzungen für Windenergieanlagen im Sondergebiet für Windenergieanlagen (SO WEA). Dass die Beigeladene zu 1. offenbar irrigerweise davon ausging, dass sämtliche Raumordnungsziele des RROP 2004 gleichsam automatisch wegen der in § 1 Abs. 4 BauGB statuierten Anpassungspflicht bindende Außenwirkung entfalten würden, und womöglich daher auf eine ausdrückliche Darstellung der Höhenbegrenzung verzichtete, ändert hieran nichts. Das Bundesverwaltungsgericht[10] hat in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass es bundesrechtlich belanglos ist, wenn eine Höhenbegrenzung für Windenergieanlagen bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplanes vorausgesetzt oder als Planmotiv für eine großzügigere Dimensionierung der Vorrangflächen mitbestimmend war, jedoch nicht ausdrücklich dargestellt worden ist. Aus der Planbegründung ersichtliche Überlegungen der Entscheidungsträger der Gemeinde können zwar zur Auslegung und Erläuterung unklarer Darstellungen herangezogen werden. Sind die Aussagen in der Planurkunde aber eindeutig, hat es mit ihnen sein Bewenden und ist ein Rückgriff auf außerhalb der Urkunde liegende Beweismittel unzulässig.
Die im RROP 2004 des Beklagten vorgenommene Höhenbegrenzung für die Vorrangstandorte der Gemeinde F. ist unwirksam. Das Raumordnungsgesetz (ROG) kennt keine Ermächtigungsgrundlage für derartige Festlegungen, die über § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB rechtliche Außenwirkung erlangen können.
Es ist unbestritten, dass die Festlegung von Zielen der Raumordnung einer Ermächtigungsgrundlage bedarf[11]. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB dürfen raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen. Durch die Raumordnungsklausel des § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB werden Raumordnungsziele zu Tatbestandsvoraussetzungen bei der Erteilung von bau- bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen. Damit entsteht eine „bodenrechtliche Durchgriffswirkung“, die es gebietet, an die Ausgestaltung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Lichte des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmte inhaltliche Mindestanforderungen zu stellen. Um eine „Blankovollmacht“ der Regionalplanung bei der Bestimmung des im Außenbereich baurechtlich Zulässigen zu verhindern, ist es erforderlich, dass nur fachgesetzliche Regelungen, die nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt sind, Grundlage für die raumplanerische Festlegung von Zielen der Raumordnung sein dürfen, denen außenwirksame Begrenzungsfunktion nach § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB zukommt. Gesetzliche Ermächtigungen müssen also die der Raumplanung zugänglichen Gegenstände benennen wie auch die Planungsinstrumente, also vor allem Gebietskategorien wie Negativgebiete, Konzentrationszonen, aber auch Vorranggebiete, Vorbehaltsgebiete oder andere Instrumente[12]. Nicht jedes unter die Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG n. F. bzw. § 3 Nr. 2 ROG a. F. passende Ziel der Raumordnung, mit dem regionalplanerisch verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums getroffen werden sollen, erfüllt die im Lichte des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts zu stellenden Mindestanforderungen.
Grenzen für die Regelungskompetenz in Raumordnungsplänen ergeben sich ferner aus der kompetenzrechtlichen Unterscheidung zwischen der Raumordnung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG bzw. bis zur Föderalismusreform 2006 Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG) und dem Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) sowie der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der zur Selbstverwaltungsgarantie zählenden kommunalen Bauplanungshoheit[13]. Aus der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung sowie der kommunalen Selbstverwaltungshoheit folgt, dass von der Aufgabenstellung der Raumordnungsplanung nicht solche Aufgabenbereiche umfasst sein können, die Regelungsgegenstand des Bodenrechts sind und insbesondere im Baugesetzbuch bereits ihre gesetzliche Ausformung gefunden haben. Kernbestandteil des Bodenrechts und des Baugesetzbuchs ist die kommunale Bauleitplanung mit Flächennutzungsplanung und Bebauungsplanung. Die Raumordnungsplanung kann ohne ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage daher nicht im Wege generalklauselartiger Regelungen Gestaltungsbereiche für sich in Anspruch nehmen, die der kommunalen Bauleitplanung vorbehalten sind[14]. Gerade Höhenbegrenzungen gehören gemäß § 16 Abs. 1 und 2 Nr. 4 BauNVO zu den klassischen Festsetzungen in Bauleitplänen, mit denen das Maß der baulichen Nutzung bestimmt werden kann.
Raumordnung und Bauleitplanung sind im Übrigen über die Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB miteinander verzahnt. An die Ziele der Raumordnung sind die örtlichen Planungsträger strikt gebunden. Planungen, die einem geltenden Ziel der Regionalplanung widersprechen, haben sie zu unterlassen. Legt ein Regionales Raumordnungsprogramm als Ziel der Raumordnung fest, dass innerhalb eines bestimmten Gebietes eine bestimmte Art der Nutzung stattfinden soll, muss die Gemeinde bei einer Überplanung des Gebietes diese beachten und darf beispielsweise exakte Standorte nur innerhalb des durch das Regionale Raumordnungsprogramm nicht parzellenscharf vorgegebenen Bereichs näher festlegen[15]. Aus der Regelungswirkung der Konzentrationsplanung, für die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG insbesondere die Festlegung von Vorranggebieten vorsieht, folgt, dass der Konkretisierungsspielraum der Gemeinde bei Erlass eines Bebauungsplanes deutlich eingeschränkt ist. Die durch die Ausweisung im Raumordnungsplan eingetretene Konzentrationswirkung verleiht beispielsweise der Windenergienutzung in der Konzentrationszone grundsätzlich Vorrang. Dieser Vorrang ist in der Bebauungsplanung zu respektieren und kann allein noch eine Feinsteuerung zulassen, d. h. überwiegende sonstige städtebauliche Belange können nur noch Festsetzungen über die nähere Ausgestaltung der Windenergienutzung (z. B. Höhenbeschränkungen, Beschränkung der Anzahl der Anlagen durch Festlegung der Standorte) rechtfertigen[16].
Gemessen an diesen Aussagen ist die Festlegung von Höhenbegrenzungen für Windenergieanlagen in dafür vorgesehenen Vorranggebieten kein Ziel der Raumplanung, welches nach § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB bodenrechtliche Durchgriffswirkung beanspruchen darf oder welches gar eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB begründen könnte. Bei der unter Ziffer 3.5.05 des RROP 2004 getroffenen, fettgedruckten Aussage, dass „in den Vorrangstandorten für Windenergiegewinnung K., L., M., N., O., F., P. und Q. die Gesamthöhen der Windenergieanlagen 100 m nicht überschreiten dürfen“ handelt es sich dem äußeren Erscheinungsbild nach zwar um ein Ziel der Raumordnung. Denn gemäß § 2 der Niedersächsischen Verordnung über die Aufstellung der Regionalen Raumordnungsprogramme, VerfVO-RROP,[17] sind Ziele der Raumordnung durch Fettdruck zu kennzeichnen. Allerdings findet sich im Raumordnungsrecht keine entsprechende Ermächtigungsgrundlage für die in dieser Zielbestimmung getroffene Höhenbegrenzung. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG, § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Niedersächsisches Raumordnungsgesetz, NROG, – früher: § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG a. F. – sieht die Festlegung von Vorrangstandorten vor. Danach sollen Gebiete für bestimmte, raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen werden und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausgeschlossen werden, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete). Schon ihrem Wortlaut nach bezieht sich diese Ermächtigungsgrundlage auf die Festlegung von Gebieten, also von Flächen[18]. Die Bestimmung von Maximalhöhen unterfällt nicht dem mit § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 ROG, § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 NROG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG a. F. angesprochenen Gebietszuschnitt. Die Höhe oder Größe einer Anlage bzw. Nutzung spielt im Rahmen dieser Vorschrift lediglich für die Bestimmung der Raumbedeutsamkeit eine Rolle. So ist in der niedersächsischen Rechtsprechung[19] allgemein anerkannt, dass Windenergieanlagen ab einer Höhe von 100 m raumbedeutsam sind. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Festlegung eines Vorranggebietes für solche Windenergieanlagen vor. Nicht hingegen eröffnet das Vorliegen der Tatbestandvoraussetzung „Raumbedeutsamkeit“ auch die Befugnis zur Setzung von Rechtsfolgen über die Festlegung von Vorranggebieten hinaus, für die zwar aus raumplanerischen Gründen ein Bedürfnis bestehen mag, für die es aber eben an der Ermächtigungsgrundlage fehlt.
Eine allgemeine Ermächtigungsgrundlage zur Setzung von Rechtsfolgen mit Blick auf sämtliche raumbedeutsame Kriterien kennt das Raumordnungsrecht nicht. § 8 Abs. 5 ROG und § 3 Abs. 2 NROG bzw. § 7 ROG a. F. enthalten eine Ermächtigung für Festlegungen zur Raumstruktur. Dabei geht es – wie aus der beispielhaften Aufzählung in § 8 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1-3 ROG, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 NROG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 ROG a. F. folgt – um die Unterteilung des Raumes in besiedelte und weniger bzw. gar nicht besiedelte Orte, um die Nutzung von Freiraum etwa zur Rohstoffgewinnung sowie um die Sicherung von Standorten für Infrastrukturtrassen. Es geht also wiederum um standort- bzw. gebietsbezogene Regelungen. Nichts anderes folgt aus der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts[20] zur fehlenden Ermächtigungsgrundlage für sogenannte Zeitstufenfestlegungen als raumplanerisches Ziel. Danach ermächtigt das ROG nicht dazu, Regelungen zur geordneten Aufsuchung und Gewinnung von Rohstoffen zu treffen, sondern lediglich dazu, dafür geeignete Standorte festzulegen.
Sofern Festlegungen von Maximalhöhen in Raumordnungsplänen von Oberverwaltungsgerichten für zulässig erachtet worden sind[21] oder jedenfalls implizit nicht beanstandet worden sind[22], handelt es sich entweder um besondere Einzelfälle oder um Fälle, in denen sich die Frage nach dem bodenrechtlichen Durchgriff des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB gar nicht stellte, weil Höhenbegrenzungen in der nachfolgenden Bauleitplanung wirksam vorgenommen worden waren. Insbesondere das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts[23] lässt eine raumplanerische Höhenbegrenzung nur deshalb zu, weil die betreffenden Windenergieanlagen entgegen der ursprünglichen raumplanerischen Konzeption bereits errichtet worden waren. Ein solcher Sonderfall ist vorliegend aber gerade nicht gegeben. Vielmehr geht es hier darum, überwiegend bereits etablierte Vorrangstandorte für Windenergieanlagen raumplanerisch fortzuentwickeln.
Die Unwirksamkeit der Höhenbegrenzung beeinträchtigt nicht die Wirksamkeit der Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergieanlagen im RROP 2004 oder gar des gesamten RROP 2004. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts[24] hat die Ungültigkeit eines Teiles der Satzungsbestimmung eines Bebauungsplanes nur dann nicht deren Gesamtnichtigkeit zur Folge, wenn die Restbestimmung auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Diese Voraussetzungen lassen sich nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts[25] auf die Festlegungen eines Raumordnungsprogramms übertragen. Hier bestehen keine Zweifel daran, dass der Beklagte die Vorrangstandorte für Windenergieanlagen auch ohne die Höhenbegrenzungen festgelegt hätte. Es handelt sich jedenfalls bei den Standorten in der Gemeinde F. um bereits bestehende Windparks.
Der Errichtung von Windkraftanlagen mit einer Höhe von 150 m im bezeichneten Gebiet stehen öffentlichen Belange i. S. v. § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB nicht entgegen. Insbesondere liegt keine Verunstaltung des Landschaftsbildes, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGG, vor. In der Rechtsprechung ist grundsätzlich geklärt, dass eine Verunstaltung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB voraussetzt, dass das Bauvorhaben dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird[26]. Dieser Grundsatz gilt auch gegenüber im Außenbereich privilegierten Vorhaben, einschließlich Windenergieanlagen. Zwar sind diese Anlagen durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n. F. (früher: § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) grundsätzlich dem Außenbereich zugewiesen. Ihre Zulässigkeit steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass die jeweilige Anlage das Orts- und Landschaftsbild im Einzelfall nicht verunstaltet. Ob die Schwelle der Verunstaltung überschritten ist, hängt von den konkreten Umständen der jeweiligen Situation ab[27]. Ist ein Landschaftsbild jedoch bereits nachhaltig zerstört, fehlt es an einem Schutzgut, das weiteren Eingriffen in die Landschaft entgegenstehen könnte[28].
So liegt der Fall hier. Die Klägerin möchte die geplanten Windenergieanlagen in einem bestehenden Windpark mit bereits mehreren vorhandenen Windenergieanlagen errichten. Das Landschaftsbild ist also bereits durch einen Windpark zerstört. Auch unter Zugrundelegung der durch den Beklagten in Auftrag gegebenen „Raumordnerischen Untersuchung zur Auswirkung höherer Windenergieanlagen in den Vorranggebieten für Windenergiegewinnung“ vom 28. Oktober 2002 ist nicht erkennbar, dass ein Hinzutreten weiterer Windenergieanlagen mit einer größeren Höhe die Verunstaltungsschwelle des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB überschreiten würde.
Verwaltungsgericht Stade, Urteil vom 14. September 2011 – 2 A 866/10
- vgl. BGBl. I 2009, S. 2585 ff.[↩]
- Urteil vom 21.04.2010 – 12 LC 9/07[↩]
- Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 9 Rn. 4[↩]
- Urteil vom 25.10.1967 – BVerwG IV C 86.66, BVerwGE 28, 148; vom 14.03.1975 – IV C 41.73, BVerwGE 48, 109[↩]
- BVerwG, Urteil 20.11.2003 – 4 CN 6/03, BVerwGE 119, 217[↩]
- Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15.01, BVerwGE 117, 287; vom 13.03.2003 – 4 C 4.02, BVerwGE 118, 33; vom 21.10.2004 – 4 C 2.04, BVerwGE 122, 109; vom 27.01.2005 – 4 C 5.04, BVerwGE 122, 364; vom 26.04.2007 – 4 CN 3.06, BVerwGE 128, 382; vom 24.01.2008 – 4 CN 2.07, ZNER 2008, 88 sowie Beschluss vom 12.07.2006 – 4 B 49.06, ZfBR 2006, 679[↩]
- Urteil vom 13.06.2007 – 12 LB 25/07, ZfBR 2007, 693; vom 13.06.2007 – 12 LC 36/07, ZfBR 2007, 689; vom 09.10.2008 – 12 KN 35/07, ZfBR 2009, 150 und vom 15.05.2009 – 12 KN 49/07[↩]
- Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Okt. 2009, § 16 BauNVO Rn. 22[↩]
- Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Jan. 2011, § 5 Rn. 76[↩]
- Urteil vom 20.05.2010 – 4 C 7/09, BVerwGE 137, 74[↩]
- Nds. OVG, Urteil vom 27.07.2011 – 1 KN 224/07, Schulte, NVwZ 1999, 942[↩]
- Schulte, Ziele der Raumordnung, NVwZ 1999, 942, 944[↩]
- Sächsisches OVG, Urteil vom 07.04.2005 – 1 D 2/03; Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand April 2009, § 1 Rn. 56[↩]
- Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2010, § 1 Rn 64; Reidt, Regelungsmöglichkeiten und -grenzen in Raumordnungsplänen, DVBl. 2011, 789, 790 ff.[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.02.2005 – 4 BN 1/05[↩]
- OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 20.05.2009 – 3 K 24/05[↩]
- in der 2004 gültigen Fassung vom 19.11.2001, GVBl. 2001, 724 -nunmehr: Anlage 3 der Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen (LROP) in der Fassung vom 08.05.2008, GVBl. 2008, 132[↩]
- vgl. zu diesem Verständnis BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15/01, BVerwGE 117, 287[↩]
- Nds. OVG, Urteil vom 29.04.2004 – 1 LB 28/04; VG Lüneburg, Urt. v. 03.06.2010 – 2 A 616/08; vgl. auch Scheidler, Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen aus öffentlich-rechtlicher Sicht, WiVerw 2011, 117, 122[↩]
- Urteil vom 27.07.2011 – 1 KN 224/07[↩]
- Sächsisches OVG, Urteil vom 07.04.2005 – 1 D 2/03[↩]
- Nds. OVG, Urteil vom 21.12.2010 – 12 KN 71/08[↩]
- a. a. O.[↩]
- vgl. Urteil vom 03.04.2008 – 4 CN 3.07, BVerwGE 131, 86[↩]
- Urteil vom 21.12.2010 – 12 KN 71/08[↩]
- Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 35 Rn. 61[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 18.03.2003 – 4 B 7/03; OVG NRW, Urteil vom 18.11.2004 – 7 A 3329/01[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.10.1976 – IV B 149.76; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 35 Rn. 63[↩]





