Messung der eingespeisten Strommenge bei einer Photovoltaik-Anlage

Der Anlagenbetreiber, der Strom aus Erneuerbaren Energien in ein Verteilernetz einspeist, ist berechtigt, die Messung der eingespeisten Strommenge selbst vorzunehmen und das Ergebnis der Messung dem Netzbetreiber in einer Form zu übermitteln, die dem Umstand Rechnung trägt, dass die Daten zur Berechnung der Einspeisevergütung benötigt werden.

Messung der eingespeisten Strommenge bei einer Photovoltaik-Anlage

Ausgangsfall: Das Stromnetz in Gaggenau

Dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag ein Fall aus BadenWürttemberg zugrunde:

An das Stromverteilnetz in Gaggenau sind unter anderem auch mehr als 100 stromerzeugende Photovoltaik-Anlagen angeschlossen, die in das Netz einspeisen. Hierfür erhalten die Betreiber ein Entgelt, das sich nach dem abgelesenen Messwert bestimmt. Die Betreiberin des Stromverteilnetzes verwendet das Muster eines Stromeinspeisevertrages, nach dem sie selbst die Messung gegen Entgelt durchführt. Von Einspeisern, die selbst über entsprechende Messeinrichtungen verfügen, verlangt die Netzbetreiberin, dass sie ihr die abgelesenen Werte über einen vorgegebenen Datensatz melden.

Die Landesregulierungsbehörde hat gegen die Netzbetreiberin ein Missbrauchsverfahren eingeleitet und am 14. Februar 2011 eine Missbrauchsverfügung erlassen, mit der es ihr untersagt worden ist, die Stromeinspeisung aus Anlagen nach dem ErneuerbareEnergienGesetz davon abhängig zu machen, dass sie selbst die Messung gegen Entgelt vornimmt. Ferner ist der Netzbetreiberinn aufgegeben worden, Vereinbarungen mit Einspeisern, wonach ihr das Ablesen gegen Entgelt vorbehalten ist, als unwirksam zu behandeln, die Einspeiser hiervon zu unterrichten und ihnen rückwirkend einen entsprechenden Kostenausgleich anzubieten. Die Einspeiser sollten dabei so gestellt werden, als hätten sie den Weg der eigenen Messung gewählt. Nach der Verfügung musste die Netzbetreiberin zudem den in einer näher bezeichneten Anlage aufgeführten Personen schriftlich anbieten, die EEG-Messungen selbst durchzuführen. Bereits abgeschlossene Vereinbarungen, nach denen die Messung der Netzbetreiberinn übertragen wird, sollten nur wirksam bleiben, falls die jeweiligen Einspeiser innerhalb von drei Monaten nicht widersprechen. Weiterhin enthielt die Verfügung noch die Anordnung, einem namentlich genannten Einspeiser 30 € als Aufwendungsersatz zu zahlen, sowie Maßgaben darüber, wie die Umsetzung der Verfügung nachzuweisen war.

Gegen diese Verfügung hat die Netzbetreiberin Beschwerde eingelegt, die das Oberlandesgericht Stuttgart als unbegründet zurückgewiesen hat[1].

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart knüpft § 7 EEG 2009 schon nach seinem Wortlaut einen eigenen Messstellenbetrieb und eigene Messungen durch den Anlagenbetreiber nicht an dessen hinreichende Fachkunde an. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch eine eichrechtliche Betrachtung, weil diese lediglich Vorgaben an die Einrichtung der Messeinrichtung und ihre Installation enthalte. Für deren Einbau bedarf es zwar besonderer Fachkenntnisse. Davon muss jedoch der Umgang mit der Messeinrichtung – also das Auslesen der Daten und ihre Übermittlung an den Netzbetreiber – unterschieden werden. Für den Netzbetreiber besteht – jedenfall bei Altanlagen, die vor der gesetzlichen Neuregelung im Jahr 2011 in Betrieb genommen wurden – auch kein Anspruch darauf, dass die Ablesedaten in einem bestimmten Datenformat übermittelt würden.

Hiergegen wendet sich die Netzbetreiberin mit ihrer – vom Beschwerdegericht zugelassenen – Rechtsbeschwerde, allerdings ohne Erfolg. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart:

Messung durch den Anlagenbetreiber

Nach § 7 Abs. 1 EEG 2009 ist der Betreiber einer EEG-Anlage berechtigt, die Messergebnisse selbst abzulesen.

Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung. Danach ist der Anlagebetreiber berechtigt, den Betrieb der Messeinrichtung einschließlich der Messung vom Netzbetreiber oder einer fachkundigen dritten Person vornehmen zu lassen. Die Regelung eröffnet dem Anlagenbetreiber die Möglichkeit, den Netzbetreiber oder einen fachkundigen Dritten mit der Messung zu beauftragen, und setzt damit voraus, dass der Anlagenbetreiber berechtigt ist, die Ablesung auch selbst vorzunehmen[2]. Die Feststellung der von ihm eingespeisten Menge liegt damit grundsätzlich in seinem Verantwortungsbereich. Wenn der Anlagenbetreiber die Ablesung nicht auf jeden beliebigen Dritten, sondern nur auf fachkundige Personen übertragen darf, bedeutet dies nicht zugleich, dass der Anlagenbetreiber auch über die für den Einbau einer Messeinrichtung erforderliche Fachkunde verfügen muss. Für die Durchführung der Messung bedarf es keiner besonderen Fachkunde. Die Messung erschöpft sich in einem Ablesen der Daten und ihrer Weitergabe an den Netzbetreiber (vgl. auch § 3 Nr. 26c EnWG). Anders als beim Einbau, dem Betrieb und der Wartung der Messeinrichtung (vgl. § 3 Nr. 26b EnWG) sind hierfür keine besonderen Fähigkeiten oder Kenntnisse erforderlich.

Die Verfügung der Landesregulierungsbehörde betrifft nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die Messung, also das Ablesen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelung des § 21b EnWG. Diese Bestimmung ist nicht anwendbar, weil – wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt – die Regelung des § 7 EEG 2009 die speziellere Norm darstellt (vgl. auch § 2 Abs. 2 EnWG).

Die Regelung des § 7 Abs. 1 EEG 2009 trifft eine zu § 21b Abs. 1 EnWG gegenläufige Grundentscheidung. Während § 21b Abs. 1 EnWG den Betrieb und damit auch die Aufgabe der Messung dem Netzbetreiber zuweist, ist nach § 7 Abs. 1 EEG 2009 der Anlagenbetreiber derjenige, der grundsätzlich die Verantwortlichkeit für den Messbetrieb trägt, auch wenn er sie auf den Netzbetreiber oder einen fachkundigen Dritten delegieren kann. Im Hinblick auf die grundlegend andere Aufteilung der Zuständigkeiten verbietet sich auch eine entsprechende Anwendung einzelner in § 21b EnWG enthaltener Regelungen auf Messeinrichtungen nach § 7 EEG 2009. Im Übrigen fehlt es auch an der für eine entsprechende Anwendung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Die Regelungen der §§ 21b ff. EnWG sind in ihrer Anwendbarkeit auf das Verhältnis des Netzbetreibers zum Anschlussnutzer beschränkt, soweit der Gesetzgeber nicht selbst – wie jetzt in § 7 Abs. 1 Satz 2 EEG 2012 – auf diese Regelungen verweist.

Schon aus diesem Grund geht auch die von der Netzbetreiberinn angesprochene Analogie zu § 8 StromGVV fehl, weil diese Vorschrift nur die Grundversorgung regelt (§ 1 Abs. 1 StromGVV) und das Verhältnis des Stromlieferanten zum Stromkunden betrifft. Ob § 8 StromGVV bei der Verwendung eines „Zweirichtungszählers“ auch für den einspeisenden Teil gilt, bedarf keiner Entscheidung, weil das Beschwerdegericht nicht festgestellt hat, dass solche „Zweirichtungszähler“ Verwendung finden. Abgesehen davon ändert die Art des verwendeten Zählers nichts an der Berechtigung des Anlagenbetreibers, die Messergebnisse seiner Einspeisung selbst abzulesen und an den Netzbetreiber weiterzuleiten.

Die Annahme, dass das Messen des eingespeisten Stroms in den Verantwortungsbereich des Anlagenbetreibers fällt, steht im Übrigen im Einklang mit der für den Sachkauf geltenden, aber auch auf die Lieferung von Strom anwendbaren Regelung des § 448 Abs. 1 BGB. Danach hat der Verkäufer die Kosten der Übergabe der Sache zu tragen. Hierzu zählt das früher im Gesetz ausdrücklich genannte Messen und Wägen (§ 448 Abs. 1 BGB aF)[3], zu dem der Verkäufer nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt ist. Ebenso wenig wie die Regelung des § 7 Abs. 1 EEG 2009 besagt § 448 Abs. 1 BGB, dass der Käufer die Messung durch den Verkäufer ungeprüft akzeptieren müsste. Die Kosten einer solchen Prüfung fallen ihm jedoch zur Last[4].

Keine besondere Form der Datenübermittlung

Der Netzbetreiber kann auch vom Betreiber der Anlage keine besondere Form der Datenübermittlung verlangen. § 7 Abs. 1 EEG 2009 statuiert lediglich die den Anlagenbetreiber treffende Verantwortung für die Übermittlung der Einspeisedaten. Mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage kann der Netzbetreiber nicht beanspruchen, dass die Übermittlung auf eine bestimmte Art und Weise erfolgt. Er kann lediglich beanspruchen, dass die Übermittlung in einer Weise erfolgt, die Übertragungsfehler ausschließt und einer Dokumentation zugänglich ist, die also mit Blick darauf angemessen ist, dass die Daten zur Berechnung der Einspeisevergütung benötigt werden. Die vollständige und zeitnahe Übermittlung der Einspeisedaten, zu der die Anlagenbetreiber nach Maßgabe des § 46 EEG dem Netzbetreiber gegenüber verpflichtet sind, liegt aber auch in ihrem eigenen Interesse. Denn diese Daten bilden die Grundlage für die Vergütung, die der einspeisende Anlagenbetreiber vom Netzbetreiber beanspruchen kann (§ 16 Abs. 1 i.V.m. § 18 Abs. 1 EEG). Übermittelt der Anlagenbetreiber lückenhafte oder nicht plausible Daten, hat der Netzbetreiber ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB).

Gesetzesnovelle 2011

Aufgrund der Neufassung des § 7 Abs. 1 EEG durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 28.07.2011 ist die hier streitgegenständliche Verfügung der Landesregulierungsbehörde nicht rechtswidrig geworden. Mit dieser Gesetzesnovelle wurde § 7 Abs. 1 EEG ein Satz 2 angefügt, wonach für den Messstellenbetrieb und die Messung die Vorschriften der §§ 21b bis 21h des Energiewirtschaftsgesetzes gelten. Es mag schon zweifelhaft sein, ob die Neuregelung an dem Grundsatz etwas geändert hat, dass die Messung im Verantwortungsbereich des Anlagenbetreibers steht; denn die dieses Prinzip aussprechende Regelung des Satzes 1 ist unverändert geblieben (vgl. auch die Empfehlung 2012/7 der Clearingstelle des Bundesumweltministeriums vom 18.12.2012). Dies kann aber offenbleiben. Für die hier zu beurteilende Verfügung ist diese Neuregelung ohne Belang.

Die Neuregelung gilt nur für Neuanlagen. Dies wird aus der Übergangsregelung des § 66 Abs. 1 Satz 1 EEG 2012 deutlich, die bestimmt, dass es für die vorher in Betrieb gegangenen Anlagen bei den Regelungen sein Bewenden hat, die zum 31.12.2011 galten. Die abweichenden Maßgaben der Vorschrift sind für das hier vorliegende Verfahren ohne Bedeutung.

Die Verfügung der Landesregulierungsbehörde betrifft ausschließlich Altanlagen in diesem Sinne. Nur insoweit werden der Netzbetreiberinn Handlungs- und Unterlassungspflichten auferlegt. Dies ergibt sich schon aus den datumsmäßigen Bezügen der Verfügung. Die Beschränkung auf Altanlagen wird weiter dadurch verdeutlicht, dass in der Verfügung in Nr. 2 auf eine Aufstellung Bezug genommen wird, die im Zeitpunkt der Verfügung bereits bestehende Anlagen benennt. Vor allem aber lässt sich dem Gesamtzusammenhang der Verfügung entnehmen, dass die Landesregulierungsbehörde eine Regelung unter der Geltung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2009 treffen wollte. Erfasst werden sollten nur solche Anlagen, die unter dem Regime dieses Gesetzes standen. Dies lässt sich entgegen der Auffassung der Netzbetreiberinn dem Verfügungsausspruch auch hinreichend deutlich entnehmen.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Netzbetreiberin durch eine zu weite Anwendung der Verfügung belastet sein könnte. Die Landesregulierungsbehörde geht – wie ihre Stellungnahme im Rechtsbeschwerdeverfahren verdeutlicht – ebenfalls davon aus, dass die Rechtsänderung Altanlagen unberührt lässt und die Neuregelung nur für Anlagen gilt, die ab dem 1.01.2012 in Betrieb genommen wurden.

Aus der Neuregelung können auch keine Rückschlüsse auf die bis dahin geltende Rechtslage gezogen werden. Die Neuregelung hatte keinen klarstellenden Charakter. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt[5], werden mit der neu eingeführten Regelung die Einspeisezähler dem Regime des Energiewirtschaftsgesetzes unterstellt. Hieraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber eine Veränderung der Rechtslage und nunmehr – erstmals – auch für Einspeisezähler die Regelungen der §§ 21b ff. EnWG zur Anwendung bringen wollte.

Kostenerstattung für die Anlagenbetreiber

Die Kostenerstattung zugunsten von Anlagebetreibern, die sich aufgrund der unzulässigen Vorgaben veranlasst sahen, mit der Netzbetreiberinn eine Ablesevereinbarung zu treffen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Ob und in welchem Umfang die jeweiligen Anlagebetreiber durch die verweigerte Selbstablesung Kostennachteile erlitten haben, ist eine Frage des Einzelfalls und musste durch die Verfügung nicht im Einzelnen bestimmt werden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. Februar 2013 – EnVR 10/12

  1. OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.01.2012 – 202 EnWG 8/11[]
  2. vgl. OLG Hamm, ZNER 2003, 335, 336; Reshöft/Bönning, EEG, 3. Aufl., § 7 Rn. 10; aA offenbar Salje, EEG, 5. Aufl.2009, § 7 Rn. 17; Altrock/Sösemann in Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, 3. Aufl., § 7 Rn. 15[]
  3. MünchKomm-BGB/H. P. Westermann, 6. Aufl., § 448 Rn. 4[]
  4. vgl. MünchKomm-BGB/H.P. Westermann, 6. Aufl., § 448 Rn. 4; bezogen auf das Einspeisen von Strom OLG Hamm, ZNER 2003, 335, 336[]
  5. BT-Drucks. 17/6071, S. 64[]