Die GasGVV berücksichtigt die europarechtlichen Vorschriften nur unzureichend, wenn für den Fall der Gebührenerhöhung darin keine Belehrung über das Kündigungsrecht des Kunden enthalten ist.

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in dem hier vorliegenden Fall die Zahlungsverpflichtung einer Kundin verneint. Ein Gasversorger aus Viersen hatte 2011 vor dem Landgericht Mönchengladbach eine Viersener Gaskundin auf Zahlung von mehr als 5.000 € verklagt, weil diese sich geweigert hatte, die vom Gasunternehmen berechneten Preiserhöhungen für den Zeitraum von September 2005 bis September 2010 zu zahlen. Das Landgericht [1] hatte die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Gegen diese Entscheidung hatte die Gaskundin Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf habe die Kundin einen Grundversorgungsvertrag geschlossen, auf den die Regeln der GasGVV bzw. der AVBGasV anzuwenden seien. Die GasGVV regelt, zu welchen Bedingungen Gasversorgungsunternehmen Haushaltskunden im Rahmen der Grundversorgung zu beliefern haben (GasGVV: Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz; bis zum 08.11.2006 galt die AVBGasV, Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden).
Das Oberlandesgericht Düsseldorf geht davon aus, dass die GasGVV und die AVBGasV entsprechend den europarechtlichen Vorgaben auszulegen seien. So verpflichte die Erdgasbinnenmarktrichtline 2003/55/EG die Mitgliedstaaten, transparente Vertragsbedingungen festzulegen. Die Richtlinie verlange u.a., dass Gasversorger jede Gebührenerhöhung ihren Kunden unmittelbar mit angemessener Frist vorab mitteilen und dabei auch über das Kündigungsrecht des Kunden informieren. Die GasGVV berücksichtige diese europarechtlichen Vorschriften jedoch nur unzureichend, weil die GasGVV keine Belehrung über das Kündigungsrecht des Kunden normiere. In der bis November 2006 geltenden AVBGasV sei darüber hinaus auch nicht die unmittelbare Mitteilung per Brief an den Gaskunden vorgesehen gewesen. Da im vorliegenden Fall nicht auf das Kündigungsrecht und auf Gaspreiserhöhungen nur teilweise per Brief hingewiesen worden seien, könnten die seit September 2005 geforderten Erhöhungen nicht verlangt werden.
Es sei auch unerheblich, dass die Gaskundin sich erst im Oktober 2006, mehr als ein Jahr nach der ersten hier streitigen Preiserhöhung, gegen die Gaspreiserhöhung gewandt habe. Das bloße Schweigen könne nicht als stillschweigende Zustimmung zur Preiserhöhung verstanden werden.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2012 – VI‑2 U (Kart) 10/1
- LG Düsseldorf, Urteil vom 15.09.2011 – 6 O 61/11[↩]