Ein Kassenbestand ist aufgrund der Mittelwertbildung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 Gas-NEV im Jahresanfangsbestand auch dann betriebsnotwendig, wenn er nur einige Wochen zur Deckung eines kurzfristigen Liquiditätsbedarfs benötigt wird. Auf die Kosten einer unterstellten Fremdkapitalaufnahme für den Zeitraum, in dem das Kapital tatsächlich benötigt wird, kommt es nicht an.

Die Erlösobergrenze wird gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 ARegV für jedes Kalenderjahr der gesamten Regulierungsperiode nach Maßgabe der §§ 5 bis 17, 19, 22 und 24 ARegV bestimmt. Zur Ermittlung des Ausgangsniveaus für die Bestimmung der Erlösobergrenzen verweist § 6 Abs. 1 ARegV auf Vorschriften der Gas- und der Stromnetzentgeltverordnung. Diese Regelungen finden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 02.09.2021[1] weiterhin Anwendung[2]. Angesichts der durch das Unionsrecht geforderten Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur von externen Weisungen anderer öffentlicher oder privater Stellen sind die Vorschriften der Anreizregulierungsverordnung sowie der Strom- und der Gasnetzentgeltverordnung jedoch wo auch immer möglich und bis zu der den Gerichten durch den Willen des nationalen Gesetzgebers gezogenen Grenze im Sinne einer Gewährleistung und Sicherung dieser Unabhängigkeit auszulegen. Eine gerichtliche Überprüfung erfolgt daher im Grundsatz nur noch in Bezug auf den nach diesen Maßstäben fortgeltenden nationalen Regulierungsrahmen sowie anhand unionsrechtlicher Vorgaben[3].
Vor diesem Hintergrund hat das Oberlandesgericht Düsseldorf[4]) zu Recht nicht beanstandet, dass die Bundesnetzagentur auf das negative Eigenkapital der Betroffenen, auch soweit es die Eigenkapitalquote von 40 % unterschreitet, nicht den Zinssatz gemäß § 7 Abs. 1 Satz 5, Abs. 7 GasNEV von 3, 03 % für positives, über die Quote von (+)40 % hinausgehendes Eigenkapital angewendet hat.
Vor diesem Hintergrund hat das Oberlandesgericht Düsseldorf zu Recht nicht beanstandet, dass die Bundesnetzagentur auf das negative Eigenkapital der Betroffenen, auch soweit es die Eigenkapitalquote von 40 % unterschreitet, nicht den Zinssatz gemäß § 7 Abs. 1 Satz 5, Abs. 7 GasNEV von 3, 03 % für positives, über die Quote von (+)40 % hinausgehendes Eigenkapital angewendet hat. Die Bundesnetzagentur hat zur Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung für die Betroffene (negatives) Eigenkapital in Höhe von – € und eine (negative) Eigenkapitalquote von – % ermittelt. Sie hat eine Aufteilung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals auf Neu- und Altanlagen gemäß § 7 Abs. 3 GasNEV vorgenommen und den auf Neuanlagen entfallenden Teil von % insgesamt mit dem Zinssatz für Neuanlagen gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 GasNEV von 6, 91 % und den auf Altanlagen entfallenden Teil von % insgesamt mit dem Zinssatz für Altanlagen gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 GasNEV von 5, 12 % verzinst. Dieses Vorgehen steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach in Verpachtungsfällen negatives Eigenkapital bei der Verzinsung zu berücksichtigen ist[5]. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 GasNEV darf ein Netzbetreiber für die Überlassung von Anlagegütern durch Dritte höchstens diejenigen Kosten ansetzen, die anfielen, wenn er Eigentümer der Anlagen wäre. Damit soll verhindert werden, dass insbesondere innerhalb eines Konzerns durch die Vereinbarung überhöhter Pachtzinsen für den Netznutzer höhere Netzentgelte entstehen[6]. Hierzu hat eine kalkulatorische Berechnung sowohl beim Verpächter als auch beim Pächter stattzufinden, und soweit sich dabei beim Pächter eine höhere Obergrenze für die Netzkosten als beim Verpächter ergibt, muss die anzusetzende Pacht so weit reduziert werden, dass diese Differenz nicht mehr auftritt[7]. Darüber hinaus ist zu gewährleisten, dass Abzugskapital im Sinne von § 7 Abs. 2 GasNEV beim Netzbetreiber in voller Höhe angesetzt wird. Wenn das betriebsnotwendige Eigenkapital im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 GasNEV beim Netzbetreiber aufgrund der Gebrauchsüberlassung niedriger ist als das Abzugskapital, ist für die kalkulatorische Verzinsung des Eigenkapitals deshalb ein negativer Wert anzusetzen[8].
Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass allein die Verzinsung des negativen Eigenkapitals mit dem in § 7 Abs. 4 Satz 1 GasNEV vorgesehenen Zinssatz für die zum Eigenkapital gehörenden Neuanlagen dem Zweck des § 4 Abs. 5 GasNEV entspricht[9]. Der Zinssatz für Neuanlagen ist derjenige Zinssatz, der der gesetzlichen Vorgabe einer angemessenen Verzinsung unter Berücksichtigung der mit dem Netzbetrieb verbundenen unternehmerischen Wagnisse grundsätzlich entspricht. Die Zinssätze für den überschießenden Anteil des Eigenkapitals und für Altanlagen betreffen demgegenüber Ausnahmekonstellationen und können deshalb nur dann herangezogen werden, wenn die darin vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind oder zumindest eine damit vergleichbare Konstellation vorliegt, was bei negativem Eigenkapital nicht der Fall ist[10]. An dieser Rechtsprechung hält der Bundesgerichtshof auch unter Berücksichtigung der von der Rechtsbeschwerde vorgebrachten Argumente fest. Nach dem Gesetzeswortlaut ist der Zinssatz nach § 7 Abs. 7 GasNEV auf negatives Eigenkapital nicht anwendbar. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 5 GasNEV ist der Zinssatz nach § 7 Abs. 7 GasNEV anzuwenden, soweit das betriebsnotwendige Eigenkapital einen Anteil von 40 % des betriebsnotwendigen Vermögens „übersteigt“. Entsprechend heißt es in § 7 Abs. 7 Satz 1 GasNEV, dass der dort festgelegte Zinssatz auf den Anteil des Eigenkapitals anzuwenden ist, der die Eigenkapitalquote nach § 7 Abs. 1 Satz 5 „übersteigt“. Negatives Eigenkapital übersteigt aber nicht die Eigenkapitalquote nach § 7 Abs. 1 Satz 5 GasNEV, sondern befindet sich zwingend im Bereich unter 0 %. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Regelung nach ihrem Wortlaut also keineswegs „vorzeichenneutral“ in dem Sinne, dass danach Eigenkapital, das eine Eigenkapitalquote von 40 % unterschreitet, wie positives Eigenkapital zu verzinsen ist, das über die Eigenkapitalquote von 40 % hinausgeht. Auch Sinn und Zweck der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 5, Abs. 7 GasNEV stehen einer Anwendung auf negatives Eigenkapital entgegen. Der Verordnungsgeber ist bei dem in § 7 Abs. 7 GasNEV vorgesehenen niedrigeren Zinssatz davon ausgegangen, dass es nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen nicht sinnvoll erscheint, wenn Unternehmen langfristig eine Eigenkapitalquote von mehr als 40 % aufweisen[11]. Diese Erwägung lässt sich auf negatives Eigenkapital nicht übertragen. Denn der Ansatz eines negativen Werts für das Eigenkapital ist nicht die Folge einer Finanzierung durch Fremdkapital oder einer Überschuldung des Netzbetreibers, sondern lediglich ein rechnerisches Hilfsmittel, um zu gewährleisten, dass das Vorhandensein von Abzugskapital im Sinne von § 7 Abs. 2 GasNEV zu einer Verringerung der ansetzbaren Kosten führt. Eine Gleichsetzung von negativem Eigenkapital mit Fremdkapital scheidet deshalb aus – unabhängig davon, in welchem Verhältnis der Betrag des negativen Eigenkapitals zum Gesamtwert des betriebsnotwendigen Vermögens steht[12]. Daher rechtfertigt auch die von der Betroffenen geltend gemachte weitgehende Finanzierung ihres Anlagevermögens mit Fremdkapital nicht den Ansatz des Zinssatzes gemäß § 7 Abs. 7 GasNEV. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Begründung zur Verordnung zum Erlass und zur Änderung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Energieregulierung [BR-Drs. 417/07 (Beschluss) vom 21.09.2007, S. 22], die sich zum Zinssatz für eine Eigenkapitalquote, die unter 40 % absinkt, nicht verhält. Die Nichtanwendung des Zinssatzes gemäß § 7 Abs. 7 GasNEV auf das eine Quote von 40 % unterschreitende negative Eigenkapital verletzt die Netzbetreiber, die nicht Eigentümer der gesamten betriebsnotwendigen Anlagegüter sind, schließlich nicht – wie die Betroffene meint – in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG. Wie dargelegt, entspricht allein die Verzinsung des negativen Eigenkapitals mit dem in § 7 Abs. 4 Satz 1 GasNEV vorgesehenen Zinssatz dem Zweck des § 4 Abs. 5 GasNEV. Dessen Verfassungskonformität steht für den Bundesgerichtshof außer Zweifel.
Im Hinblick auf die Kürzung des Kassenbestandes im Jahresanfangsbestand auf null kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf dagegen keinen Bestand haben. Insofern hat das Oberlandesgericht Düsseldorf, wie von der Betroffenen gerügt, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, §§ 82 Abs. 2, 83 Abs. 1 Satz 2 EnWG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Die Betroffene hat im Verwaltungsverfahren zum Nachweis der Betriebsnotwendigkeit des von ihr als Teil des Umlaufvermögens geltend gemachten Kassenbestands eine bereinigte Cash-Flow-Rechnung für das Jahr 2015 vorgelegt, die einen Liquiditätsbedarf für Januar in Höhe von € und für Februar in Höhe von € auswies, in Summe somit €. In dieser Cash-Flow-Rechnung waren etliche Ein- und Auszahlungen mit einem monatlichen Durchschnittswert angesetzt, nicht aber mit den tatsächlichen (unterschiedlichen) Monatswerten. Die Bundesnetzagentur hat die von der Betroffenen vorgenommenen Verstetigungen in die Anlage 3.2-NB1 „Ermittlung des betriebsnotwendigen Kassenbestandes (Cash-Flow-Rechnung)“ des angegriffenen Bescheids übernommen und unter Bezugnahme auf diese Anlage ausgeführt, dass bei Berücksichtigung der betriebsnotwendigen Ein- und Auszahlungen in den Monaten Januar und Februar die Auszahlungen kumuliert die Einzahlungen um € im Januar und um € im Februar überstiegen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 03.03.2021 darauf hingewiesen, dass die vorgelegte Cash-Flow-Rechnung hinsichtlich der Monate Januar und Februar ein Liquiditätsdefizit enthalte. Außerdem hat es der Bundesnetzagentur einen Schriftsatznachlass zum letzten Schriftsatz der Betroffenen gewährt. Im Schriftsatz vom 24.03.2021 hat die Bundesnetzagentur dann erstmals auf die von der Betroffenen bei etlichen Positionen in der Cash-Flow-Rechnung vorgenommene Verstetigung der Ein- und Auszahlungen hingewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht Düsseldorf sodann die Beschwerde hinsichtlich der Kürzung des Kassenbestands auf null mit der Begründung zurückgewiesen, die Betroffene habe bei diversen Positionen ihrer Cash-Flow-Rechnung eine Gleichverteilung beziehungsweise Verstetigung der Aus- wie der Einzahlungen vorgenommen. Dies habe zur Folge, dass anhand der Liquiditätsrechnung und der ergänzenden Angaben der Beschwerdeführerin hierzu faktisch nicht beurteilt werden könne, ob und falls ja, in welcher konkreten Höhe, Liquiditätsdefizite in den streitgegenständlichen Monaten Januar und Februar 2015 vorhanden waren und inwieweit diese gegebenenfalls kurzfristig hätten ausgeglichen werden können.
Die Betroffene rügt, dass sie weder die Möglichkeit hatte, hierzu Stellung zu nehmen und die Cash-Flow-Rechnung zu präzisieren, noch – mangels eines entsprechenden Hinweises des Oberlandesgerichts Düsseldorf – für sie erkennbar gewesen sei, dass dieses den Vortrag der Bundesnetzagentur zur Gleichverteilung der Ein- und Auszahlungen für entscheidungserheblich erachte. Im Falle einer entsprechenden Stellungnahmemöglichkeit hätte sie bereits im Beschwerdeverfahren vorgetragen, dass sich auch ohne die beanstandete Gleichverteilung in den Monaten Januar und Februar 2015 ein – lediglich etwas geringeres – Liquiditätsdefizit ergeben hätte. Zum Beleg hat sie im Rechtsbeschwerdeverfahren eine korrigierte Cash-Flow-Rechnung eingereicht, der die Bundesnetzagentur mit neuem Vortrag entgegengetreten ist. Die Rüge der Betroffenen, das Oberlandesgericht Düsseldorf habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, ist begründet. Der in Art. 103 Abs. 1 GG verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs garantiert den Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist, oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde legt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten. Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Art. 103 Abs. 1 GG verlangt zwar grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; ihm ist auch keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters zu entnehmen. Es kommt jedoch im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleich, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter – selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen – nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte[13]. Nach diesen Grundsätzen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit der Annahme, dass die Betroffene aufgrund der vorgenommenen Verstetigungen in der Cash-Flow-Rechnung das Vorliegen und gegebenenfalls die Höhe eines Liquiditätsdefizits hinsichtlich der Monate Januar und Februar 2015 nicht hinreichend dargetan habe, den Anspruch der Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Bilanzwerte des Umlaufvermögens nach dem Maßstab der Betriebsnotwendigkeit zu korrigieren. Die Umstände, aus denen sich die Betriebsnotwendigkeit ergibt, hat der Netzbetreiber im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten darzulegen und zu beweisen[14]. Erforderlich ist jedenfalls, dass die Entwicklung von Liquidität und kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten über das gesamte Geschäftsjahr hinweg dargestellt werden[15]. Vor diesem Hintergrund musste die Betroffene nach dem Prozessverlauf nicht damit rechnen, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf die Aussagekraft der Cash-Flow-Rechnung im Hinblick auf die Liquiditätsdefizite im Januar und Februar 2015 aufgrund der vorgenommenen Verstetigungen infrage stellen würde. Da die Bundesnetzagentur in dem angegriffenen Bescheid die Liquiditätsdefizite trotz der vorgenommenen Verstetigungen bestätigt und erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, dass die in der Cash-Flow-Rechnung vorgenommenen Verstetigungen keine monatsscharfe Betrachtung ermöglichen, und auch das Oberlandesgericht Düsseldorf die Aussagekraft der Cash-Flow-Rechnung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht aufgrund der vorgenommenen Verstetigungen infrage gestellt hatte, hatte die Betroffene bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung und nach dem Hinweis der Bundesnetzagentur mangels Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keine Möglichkeit mehr, die nunmehr erfolgte Präzisierung schon in der Beschwerdeinstanz vorzunehmen. Die angefochtene Entscheidung beruht auf dem Gehörsverstoß. Auch die weiteren Erwägungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vermögen die Kürzung des Kassenbestandes im Jahresanfangsbestand auf null nicht zu tragen. Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Darlegung der Höhe des Liquiditätsdefizits durch die Betroffene auch deshalb für unzulänglich erachtet, weil diese die tatsächliche Höhe der Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber den Standard-Last-Profil-Kunden (SLP-Kunden) nicht mitgeteilt hat. Unabhängig davon, ob für die Betroffene aufgrund der – nicht protokollierten – Rückfragen des Gerichts im Termin zur mündlichen Verhandlung Anlass bestand, hierzu näher vorzutragen, was die Betroffene im Revisionsverfahren in Abrede gestellt hat, ist die Höhe der Rückzahlungsverpflichtungen für die Darlegung der Höhe der Liquiditätsdefizite im Januar und Februar 2015 nicht von Bedeutung. Aus der Cash-Flow-Rechnung der Betroffenen sind die Einzahlungen der Kunden und die Rückzahlungen der Betroffenen an diese saldiert als monatliche Umsatzerlöse aus Netzentgelten ersichtlich. Rechtsfehlerhaft hat das Oberlandesgericht Düsseldorf angenommen, der Kassenbestand sei auch deshalb mit null anzusetzen, weil die Betroffene nicht hinreichend dargetan habe, aus welchem Grund sie das allein in den Monaten Januar und Februar 2015 bestehende Liquiditätsdefizit nicht durch eine kurzfristige Kreditaufnahme ausgeglichen habe. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat – wie auch die Bundesnetzagentur im angefochtenen Bescheid – ausgeführt, kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen könne auch durch die Einräumung von Kreditlinien anstelle einer kostenintensiven ganzjährigen Vorhaltung von Geldmitteln begegnet werden. Die Gasnetzentgeltverordnung mache zwar keine Vorgaben, wie der Netzbetreiber seine Vermögenswerte im Einzelnen zu finanzieren habe; doch könne das Kriterium der Betriebsnotwendigkeit im Einzelfall dazu führen, dass sich der unternehmerische Entscheidungsspielraum auf die Option der Fremdkapitalaufnahme reduziere. Das folge aus dem Erfordernis einer regulativ am Maßstab eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers (§ 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG) ausgerichteten Überprüfung und gegebenenfalls Korrektur von (Bilanz)Werten des Umlaufvermögens, welches sich bei der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung nach § 7 Abs. 1 GasNEV aus dem Kriterium der Betriebsnotwendigkeit ergebe. Dies gelte auch für die Frage der (Betriebs)Notwendigkeit der dauerhaften Vorhaltung eines Kassenbestands im Umlaufvermögen. Nach den von der Bundesnetzagentur angeführten Daten aus der Bundesbankstatistik zu den von Geschäftskunden für Kontoüberziehungen im Rahmen genehmigter Kreditlinien im Jahr 2015 zu zahlenden Zinssätzen wären für die kurzfristigen Liquiditätsengpässe lediglich Kreditkosten in Höhe von € angefallen. Vor diesem Hintergrund sei die Betroffene angesichts der ihr in Bezug auf das Merkmal der Betriebsnotwendigkeit obliegenden Darlegungs- und Nachweispflicht gehalten gewesen, näher dazu vorzutragen, warum sie sich gegen die mehr als naheliegende Handlungsalternative einer Fremdkapitalaufnahme entschieden habe. Nur wenn diese Möglichkeit nachvollziehbar und plausibel ausgeschlossen worden wäre, etwa weil sie seinerzeit nicht kreditwürdig war oder die Zinssätze nicht rentabel waren, könnte von der Betriebsnotwendigkeit eines Kassenbestand in Höhe des Liquiditätsdefizits als Teil des zum Netzbetrieb notwendigen Umlaufvermögens ausgegangen werden. Da die Betroffene trotz eines entsprechenden Hinweises hierzu nicht vorgetragen habe, sei die Kürzung des Kassenbestandes auf null gerechtfertigt. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Zutreffend ist das Oberlandesgericht Düsseldorf allerdings davon ausgegangen, dass im Anwendungsbereich der Anreizregulierungsverordnung bei der Bestimmung des Ausgangsniveaus Effizienzgesichtspunkte zu berücksichtigen sind und der Anerkennung eines Kassenbestands gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GasNEV entgegenstehen können. Auch hier gilt bei der Bestimmung des Ausgangsniveaus der effizienzorientierte Kostenmaßstab des § 21 Abs. 2 EnWG[16]. In § 21a Abs. 4 Satz 2 und 5 EnWG wird für die Ermittlung des Kostenausgangsniveaus für die Erlösobergrenzen auf § 21 Abs. 2 EnWG verwiesen, und gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 ARegV ermittelt die Regulierungsbehörde das Ausgangsniveau für die Bestimmung der Erlösobergrenzen durch eine Kostenprüfung nach §§ 4 bis 10 GasNEV. Gemäß § 4 Abs. 1 GasNEV sind bilanzielle und kalkulatorische Kosten des Netzbetriebs nur insoweit anzusetzen, als sie den Kosten eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen. Allerdings darf in der Kostenprüfung bei der Bestimmung des Ausgangsniveaus nicht der Effizienzvergleich gemäß §§ 12 ff. ARegV vorweggenommen werden. Denn die gemäß § 6 Abs. 1 ARegV, § 4 ff. GasNEV zu ermittelnden Gesamtkosten stellen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 ARegV lediglich den Ausgangspunkt für den Effizienzvergleich dar[17]. Bei einer rein unternehmensindividuellen Effizienzbetrachtung, wie sie das Oberlandesgericht Düsseldorf vorgenommen hat, ist jedoch von keiner solchen Vorwegnahme des Effizienzvergleichs nach §§ 12 ff. ARegV auszugehen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat aber hinsichtlich der Anerkennung eines Kassenbestandes zu Unrecht darauf abgestellt, dass die Betroffene nicht vorgetragen hat, ob und gegebenenfalls zu welchen Bedingungen ihr eine kurzfristige Fremdkapitalaufnahme möglich gewesen wäre. Auch wenn die Betroffenen das bestehende Liquiditätsdefizit auf diese Weise hätte decken können, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass das bei ihr zum Ausgleich des Fehlbetrags vorhandene Umlaufvermögen als nicht betriebsnotwendig einzuordnen war.
Wie bereits ausgeführt hat der Netzbetreiber die Betriebsnotwendigkeit des von ihm in Ansatz gebrachten Umlaufvermögens nachvollziehbar darzulegen. Die Notwendigkeit eines überdurchschnittlich hohen Umlaufvermögens kann sich etwa daraus ergeben, dass kurzfristig zu bedienende Verbindlichkeiten durch die vorhandenen liquiden Mittel und kurzfristig zu realisierende Forderungen nicht vollständig abgedeckt werden können[18].
Diese Darlegungsanforderungen hat die Betroffene nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt erfüllt.
Die Betroffene macht einen Liquiditätsbedarf zum Jahresende nicht mehr geltend; sie verfolgt dementsprechend die Anerkennung eines Kassenbestands im Jahresendbestand mit ihrer Rechtsbeschwerde nicht mehr weiter. In Höhe des (möglicherweise) in den Monaten Januar und Februar 2015 aufgetretenen Liquiditätsdefizits hat die Betroffene dargelegt, dass sie die im Kassenbestand am Jahresanfang vorhandenen Mittel für kurzfristig zu bedienende Verbindlichkeiten benötigt hat. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Satz 4 GasNEV ist bei der Bestimmung des betriebsnotwendigen Kassenbestands als Teil des betriebsnotwendigen Umlaufvermögens der Mittelwert aus Jahresanfangs- und Jahresendbestand anzusetzen. Diese normative Vorgabe hat zur Folge, dass die Betriebsnotwendigkeit eines Kassenbestands im Jahresanfangsbestand auch dann anzuerkennen ist, wenn er – wie vorliegend – nur einige Wochen benötigt wird und tatsächlich nicht – wie durch die Mittelwertbildung fingiert – sechs Monate vorzuhalten ist.
Da die Einordnung eines Kassenbestands als betriebsnotwendig nicht davon abhängt, ob die liquiden Mittel dem Eigenkapital entnommen sind oder Fremdkapital darstellen, kann es auf die Kosten einer hypothetischen Kreditaufnahme für den Zeitraum, in dem das Kapital tatsächlich benötigt wird, nicht ankommen.
Die Billigung der von der Bundesnetzagentur vorgenommenen Kürzung des Kassenbestands der Betroffenen auf null durch das Oberlandesgericht Düsseldorf erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als rechtmäßig. Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf im Ergebnis zu Recht angemerkt hat, kann diese Kürzung nicht darauf gestützt werden, dass der Anfang 2015 aufgetretene Liquiditätsbedarf Folge des Abrechnungsverfahrens der Betroffenen für SLP-Kunden ist.
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf erfolgt die Abrechnung der Netzentgelte der SLP-Kunden dergestalt, dass die Entgelte für die Netznutzung in elf monatlichen Abschlägen im Zeitraum Februar bis Dezember erhoben werden. Im Januar erstellt die Betroffene die Jahresabrechnungen des Vorjahres, und im Februar erfolgen die Ausgleichszahlungen aus der Vorjahresabrechnung. Im Februar 2015 ist es bei dieser Abrechnungsweise zu erheblichen Rückzahlungen an die SLP-Kunden gekommen, die die Betroffene auf die niedrigeren Gasabnahmemengen aufgrund der milden Temperaturen im Abrechnungszeitraum zurückführt.
Die Bundesnetzagentur ist der Auffassung, die Betroffene „provoziere“ durch die von ihr gewählte Abrechnungsweise „künstlich“ einen nicht bestehenden Liquiditätsbedarf. Unter Hinweis auf andere mögliche Abrechnungsverfahren, namentlich das rollierende Verfahren, bei dem gleichmäßig während des gesamten Jahres abgerechnet werde und volatile Mittelzuflüsse unterbunden werden könnten, hält sie das von der Betroffenen gewählte Stichtagsverfahren für ineffizient. Sie meint, der bei der Betroffenen durch dieses Verfahren im Januar und Februar 2015 aufgetretene Liquiditätsbedarf stelle daher kein betriebsnotwendiges Umlaufvermögen dar und müsse bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus unberücksichtigt bleiben.
Dieser Beurteilung ist auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts nicht zu folgen. Es ist weder ersichtlich, dass das von der Betroffenen bei SLP-Kunden eingesetzte Stichtagsverfahren an sich zu beanstanden wäre, noch, dass die Betroffene es in einer Weise gehandhabt hat, die den Vorwurf einer „künstlichen Kostenprovokation“ rechtfertigen würde. Daher kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass der Kassenbestand in Höhe des – noch festzustellenden – Liquiditätsbedarfs der Betroffenen in den Monaten Januar und Februar 2015 als betriebsnotwendiges Umlaufvermögen einzuordnen ist.
Wie auch die Bundesnetzagentur anerkennt, handelt es sich bei dem Stichtagsverfahren um ein anerkanntes und vielfach angewandtes Standardabrechnungsverfahren. Dieses ist als solches auch nicht geeignet, einen Liquiditätsbedarf „künstlich“ zu provozieren. Ob in dem Monat, in dem der Ausgleich der abgerechneten Abschlagszahlungen erfolgt, ein Liquiditätsbedarf oder ein Liquiditätsüberschuss entsteht, hängt wesentlich davon ab, ob die Abschlagszahlungen höher oder niedriger sind als die abgerechneten Verbrauchskosten. Dies wiederum ist maßgeblich vom tatsächlichen Vorjahresverbrauch abhängig, bei dem es zum Beispiel witterungsbedingt zu Schwankungen kommen kann. Methodenimmanent ist eine geringere Liquidität allein im zwölften Monat, in dem keine Abschlagszahlungen eingehen.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Stichtagsverfahren unwirtschaftlicher ist als andere Abrechnungsverfahren. Allein der Befund, dass mit diesem ein gewisser erhöhter Liquiditätsbedarf verbunden sein kann, ist nicht aussagekräftig, da er auf einer isolierten Betrachtung der Auswirkungen der gewählten Abrechnungsmethode auf eine bestimmte Kostenposition – hier das Umlaufvermögen – beruht und nicht in den Blick nimmt, dass bei anderen Abrechnungsmethoden gegebenenfalls Kosten – etwa in Form eines erhöhten Verwaltungsaufwands – entstehen, die beim Stichtagsverfahren nicht anfallen.
Schließlich kann auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen auch nicht angenommen werden, dass die Betroffene das Stichtagsverfahren missbräuchlich gehandhabt und dadurch einen bei redlichem Verhalten nicht entstandenen Liquiditätsbedarf geschaffen hätte.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf war danach in Bezug auf die Kürzung des Kassenbestands im Umfang der Anfechtung durch den Bundesgerichtshof aufzuheben. Der Bundesgerichtshof kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil es dafür hinsichtlich des Vorliegens und der Höhe des Liquiditätsdefizits an tatrichterlichen Feststellungen fehlt. Die Sache war daher im Umfang der Aufhebung an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückzuverweisen. Im wiedereröffneten Beschwerdeverfahren wird das Oberlandesgericht Düsseldorf den Sachverhalt auch unter Berücksichtigung der neuen Einwendung der Bundesnetzagentur zu würdigen haben, dass die Betroffene die Pachtentgelte nicht nur in Höhe der anerkannten Kosten in die Cash-Flow-Rechnung eingestellt habe.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. April 2023 – EnVR 32/21
- EuGH, Urteil vom 02.09.2021 – C-718/18, RdE 2021, 534 Rn. 112 bis 138[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 26.10.2021 – EnVR 17/20, RdE 2022, 119 Rn. 14 – Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor II; vom 07.12.2021 – EnVR 6/21, WM 2023, 630 Rn. 9 – Kapitalkostenabzug m.w.N.[↩]
- BGH, RdE 2022, 119 Rn. 15 – Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor II; WM 2023, 630 Rn. 10 – Kapitalkostenabzug, jew. m.w.N.[↩]
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.04.2021 – VI3 Kart 798/19 (V[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 03.03.2009 – EnVR 79/07, RdE 2010, 19 Rn. 39 bis 46 – SWU Netze; vom 25.04.2017 – EnVR 57/15, RdE 2017, 340 Rn. 33 – SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH[↩]
- BGH, RdE 2017, 340 Rn. 34 – SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH[↩]
- vgl. BGH, RdE 2010, 19 Rn. 43 – SWU Netze; RdE 2017, 340 Rn. 35 – SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH[↩]
- BGH, RdE 2017, 340 Rn. 36 – SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH[↩]
- BGH, RdE 2017, 340 Rn. 48 – SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH; vgl. auch BGH, Beschluss vom 09.07.2019 – EnVR 52/18, RdE 2019, 456 Rn. 100 – Eigenkapitalzinssatz II[↩]
- BGH, RdE 2017, 340 Rn. 51 bis 57 – SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH[↩]
- vgl. BGH, RdE 2010, 19 Rn. 15 – SWU Netze; RdE 2017, 340 Rn. 54 – SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH[↩]
- BGH, RdE 2017, 340 Rn. 55 – SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1991 – 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188 7]; BGH, Urteil vom 24.09.2019 – VI ZR 418/18, NJW-RR 2020, 188 Rn. 8[↩]
- BGH, RdE 2017, 340 Rn. 14 – SWL Verteilungsnetzgesellschaft mbH m.w.N.[↩]
- BGH, Beschluss vom 29.01.2019 – EnVR 63/17, RdE 2019, 330 Rn. 50 – Gewinnabführungsvertrag[↩]
- vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 13.04.2005, BT-Drs. 15/5268, S. 120; Meinzenbach in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 21a EnWG Rn. 31 f.; Groebel in Bourwieg/Hellermann/Hermes, EnWG, 4. Aufl., § 21a Rn. 31[↩]
- vgl. Meinzenbach in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 6 ARegV Rn. 4, 19; Scholz/Richter, RdE 2011, 295, 296 f.[↩]
- BGH, RdE 2019, 330 Rn. 49 – Gewinnabführungsvertrag[↩]