Besonders förderungswürdige Biokraftstoffe

Die besondere Förderungswürdigkeit von Biokraftstoffen i.S. des § 50 Abs. 5 (mittlerweile Abs. 4) EnergieStG ist restriktiv auszulegen und setzt unter anderem voraus, dass der Kraftstoff im Vergleich zu herkömmlichen Biokraftstoffen ein hohes CO2-Minderungspotential aufweist und auf breiterer biogener Rohstoffgrundlage hergestellt wird.

Besonders förderungswürdige Biokraftstoffe

Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 EnergieStG wird auf Antrag eine Steuerentlastung für nachweislich nach den Steuersätzen des § 2 Abs. 1 EnergieStG versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, sofern sie besonders förderungswürdige Biokraftstoffe gemäß § 50 Abs. 5 Nr. 1 oder Nr. 2 EnergieStG sind oder enthalten. Aufgrund der beihilferechtlichen Genehmigung nach Art. 5 Abs. 2 und 3 des Biokraftstoffquotengesetzes[1] gilt die Steuerentlastung auch für diejenigen Mengen, die zur Erfüllung der Biokraftstoffquote gemäß § 37a BImSchG erforderlich sind. Besonders förderungswürdig sind gemäß § 50 Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG synthetische Kohlenwasserstoffe oder synthetische Kohlenwasserstoffgemische, die durch thermochemische Umwandlung von Biomasse gewonnen werden, und gemäß § 50 Abs. 5 Nr. 2 EnergieStG Alkohole, die durch biotechnologische Verfahren zum Aufschluss von Zellulose gewonnen werden. Die Höhe der Steuerentlastung richtet sich nach § 50 Abs. 3 EnergieStG.

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall liegt kein besonders förderungswürdiger Biokraftstoff vor. Die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG kommen bei einem aus Pflanzenölen – aus Ölsaaten, vor allem Palm[kern]öl – sowie einem geringen Anteil tierischer Fette hergestellten Mineralölzusatz von vornherein nicht in Betracht. Darüber hinaus fällt dieser Mineralölzusatz aber auch nicht unter § 50 Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG.

Entgegen der Auffassung des Hauptzollamt folgt dies nicht bereits daraus, dass der Mineralölzusatz ohne den Zwischenschritt einer Vergasung bzw. Pyrolyse hergestellt wird. Zwar wird in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu § 50 Abs. 5 EnergieStG lediglich auf BtL-Kraftstoffe Bezug genommen[2], deren Herstellungsverfahren zumindest in nationalen fachlichen Publikationen überwiegend unter Nennung eines solchen Zwischenschritts beschrieben wird. Diese Einschränkung auf ein bestimmtes Verfahren hat aber keinen Eingang in den Wortlaut des § 50 Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG gefunden, der allgemein von synthetischen Kohlenwasserstoffen aufgrund einer thermochemischen Umwandlung von Biomasse spricht, und lässt sich auch nicht durch Auslegung in diese Vorschrift hineinlesen. Vielmehr ergibt sich aus der Verordnungsermächtigung des § 66 Abs. 1 Nr. 11a EnergieStG, dass sich der Gesetzgeber gerade nicht abschließend auf bestimmte Verfahren oder Biokraftstoffe festlegen wollte, um weitere Entwicklungen und Erfahrungen einfließen lassen zu können[3].

Stellt man allein auf den Wortlaut der Vorschrift ab, erfüllt der Mineralölzusatz die Voraussetzungen des § 50 Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG. Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, dass es sich um die Herstellung eines synthetischen Kohlenwasserstoffs aus Biomasse handelt. Darüber hinaus ist das HVO-Verfahren zumindest auch eine thermochemische Umwandlung, da die gewünschten chemischen Reaktionen eine Temperatur von 320°C bis 360°C erfordern. Weitere Beschränkungen sind dem Begriff „thermochemisch“ nicht zu entnehmen.

Allerdings erfüllt der Mineralölzusatz nicht sämtliche Einschränkungen, die aufgrund einer historischen, systematischen und teleologischen Auslegung des § 50 Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG erfüllt sein müssen, um zu einer Steuerentlastung zu gelangen.

Im Rahmen der historischen und teleologischen Auslegung ist zu berücksichtigen, dass das Biokraftstoffquotengesetz den Ausbau der Biokraftstoffe auf eine tragfähige finanzielle Basis stellen wollte, indem die Förderung durch Steuervergünstigungen im EnergieStG abgebaut und stattdessen die Förderung durch eine Biokraftstoffquote gemäß § 37a ff. BImSchG eingeführt wird. Soweit es für „besonders förderungswürdige“ Biokraftstoffe zu einer doppelten Förderung durch die Biokraftstoffquote einerseits und eine steuerliche Entlastung andererseits kommt, ist somit eine restriktive Auslegung geboten, die insbesondere die vom Gesetzgeber verfolgten energie- und umweltpolitischen Ziele Versorgungssicherheit und Klimaschutz berücksichtigt[4]. Diese Ziele können durch eine systematische Auslegung anhand der Verordnungsermächtigung des § 66 Abs. 1 Nr. 11a EnergieStG weiter konkretisiert werden. Aus Buchst. a ergeben sich zunächst bestimmte Nachhaltigkeitskriterien, die aber erst durch die Verordnung vom 30.09.2009 über Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von Biokraftstoffen (Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung)[5] umgesetzt worden sind. Darüber hinaus wird aus Buchst. e deutlich, dass sich die besonders förderungswürdigen Biokraftstoffe zum einen durch ein hohes CO2-Minderungspotential und zum anderen durch eine Herstellung auf breiterer biogener Rohstoffgrundlage auszeichnen. Entgegen der Auffassung der Mineralölhändlerin bestehen insofern keine Anhaltspunkte für einen Umkehrschluss in Bezug auf die bereits durch § 50 Abs. 5 EnergieStG erfassten Fallgruppen. Vielmehr sind die in Buchst. e genannten Kriterien ein gemeinsamer Nenner, der die besondere Förderungswürdigkeit ausmacht und somit bei sämtlichen besonders geförderten Biokraftstoffen vorliegen muss.

Dagegen lässt § 37b Satz 8 Alternative 1 BImSchG, der im Rahmen der Biokraftstoffquote ausdrücklich auf das HVO-Verfahren Bezug nimmt, nur begrenzt systematische Rückschlüsse auf die Auslegung des § 50 Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG zu. Zum einen bezieht sich der Ausschluss der Förderung nur auf eine gemeinsame Hydrierung biogener und mineralölstämmiger Öle und verweist insofern auf die schwierige Überwachung der Mengen und die noch ungeklärten Verfahrensbedingungen[6]. Zum anderen ist dieser Satz gerade nicht in die vergleichbare Regelung des § 50 Abs. 4 EnergieStG (heute § 1a Nr. 13a EnergieStG) übernommen worden.

Auch der Hinweis auf die Bezeichnung von hydriertem Pflanzenöl als „thermochemisch mit Wasserstoff behandeltes Pflanzenöl“ in Anhang – III zur RL 2009/28/EG führt nicht weiter. Abgesehen davon, dass diese Richtlinie erst im Jahr 2009 verabschiedet worden ist, enthält Anhang – III nur eine Aufzählung des Energiegehalts bestimmter Biokraftstoffe. Daraus folgt nicht zwingend, dass der nationale Gesetzgeber diese Biokraftstoffe in seine besondere Förderung gemäß § 50 Abs. 5 EnergieStG einbeziehen muss bzw. einbezogen hat. Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG (EnergieStRL) vom 27.10.2003 des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom[7] und die RL 2009/28/EG geben insofern nur einen Rahmen vor, der beide von den Beteiligten vertretenen Auslegungsvarianten zulässt.

Bei Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze auf die konkrete Einordnung des Mineralölzusatzes kann dahingestellt bleiben, ob die angegebene Minderung des CO2-Ausstoßes um 40 bis 60 % ausreicht, um eine besondere Förderungswürdigkeit i.S. des § 50 Abs. 5 Nr. 1 EnergieStG anzunehmen. Entsprechendes gilt für die Frage, ob bzw. welche Nachhaltigkeitskriterien bereits im Streitjahr 2007 zu berücksichtigen sind und ob dies -insbesondere aufgrund der vorwiegenden Verwendung von Palmkernöl bei der Herstellung des Mineralölzusatzes- zu einem Ausschluss der besonderen Förderungswürdigkeit führt. Denn die besondere Förderungswürdigkeit des Mineralölzusatzes scheidet jedenfalls aus, weil die Herstellung nicht auf einer breiteren biogenen Rohstoffgrundlage als bei herkömmlichen Biokraftstoffen beruht. Vielmehr werden für die Herstellung des Mineralölzusatzes nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) weiterhin vorwiegend Ölsaaten verwendet. Dies entspricht der Rohstoffgrundlage herkömmlicher Biokraftstoffe (z.B. Biodiesel, der ebenfalls nur aus Ölsaaten -in Europa meist Rapssamen- und anderen ölhaltigen Teilen der Pflanzen gewonnen wird). Der Gesetzeszweck, die steuerliche Förderung von Biokraftstoffen einzudämmen und nur auf besonders förderungswürdige Biokraftstoffe zu beschränken, wird aber nur dann erreicht, wenn für die Herstellung der betreffenden Biokraftstoffe die Rohstoffgrundlage wesentlich verbreitert und möglichst die gesamte Pflanze verwendet wird.

Dieses Ergebnis führt weder zu einem verfassungsrechtlichen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch zu einem Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit des Art. 49 AEUV oder gegen das Beihilfeverbot in Art. 107 AEUV.

Die Differenzierung der steuerlichen Förderung nach dem Umfang der verwendeten Rohstoffgrundlage ist ein sachgerechtes Kriterium, das eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ausschließt, selbst wenn HVO-Verfahren im Jahr 2007 noch das vom BVerfG in HFR 2007, 1024 und HFR 2011, 209 genannte Kriterium eines erheblichen Forschungs- und Entwicklungsbedarfs erfüllt haben sollten. Für einen etwaigen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit fehlt bereits die nationale geographische Anknüpfung der als besonders förderungswürdig ausgewählten Biokraftstoffe. Dies gilt auch dann, wenn die von der steuerlichen Förderung des § 50 Abs. 5 EnergieStG erfassten Biokraftstoffe -anders als der Mineralölzusatz- zum Zeitpunkt des Erlasses des Biokraftstoffquotengesetzes tatsächlich vorwiegend deutsche Entwicklungen waren. Hinsichtlich eines etwaigen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass sich Unternehmen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union vor den nationalen Gerichten nicht auf die Rechtswidrigkeit der anderen Unternehmen gewährten Steuerbefreiung berufen können, um sich der Entrichtung dieser Steuer zu entziehen oder deren Erstattung zu erwirken[8].

Entgegen der Auffassung der Mineralölhändlerin geht auch der Bericht zur Steuerbegünstigung für Biokraftstoffe 2012[9] nicht von einer Steuerentlastung für hydrierte Pflanzenöle aus. Der Hinweis auf eine theoretische steuerliche Entlastungsfähigkeit bezieht sich ausschließlich auf hydrierte Pflanzenöle in Reinform und damit auf § 50 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG.

Der Bundesfinanzhof hält die von ihm vorgenommene Auslegung des einschlägigen Unionsrechts aufgrund der Rechtsprechung des EuGH für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH besteht demnach nicht[10].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. April 2016 – VII R 56/13

  1. Bekanntmachung vom 30.01.2007, BGBl I 2007, 66[]
  2. BT-Drs. 16/2709, S. 17 und 18[]
  3. vgl. auch BT-Drs. 16/2709, S.19[]
  4. BT-Drs. 16/2709, S. 1 und 15; vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 25.07.2007 – 1 BvR 1031/07, HFR 2007, 1024; und vom 04.11.2010 – 1 BvR 1981/07, HFR 2011, 209[]
  5. BGBl I 2009, 3182[]
  6. BT-Drs. 16/2709, S. 22[]
  7. ABl.EU Nr. L 283/51[]
  8. EuGH, Urteil Air Liquide Industries Belgium vom 15.06.2006 – C-393/04 und – C-41/05, EU:C:2006:403; EuGH, Urteil „Finanzamt Linz“ vom 06.10.2015 – C-66/14, EU:C:2015:661[]
  9. BT-Drs. 17/14641, S. 5[]
  10. vgl. EuGH, Urteil CILFIT vom 06.10.1982 – Rs. 283/81, EU:C:1982:335[]