Anschaffungskosten für Blockheizkraftwerk – und die Vorsteueraufteilung

Unterhält der Unternehmer einen der Vorsteuerpauschalierung unterliegenden landwirtschaftlichen Betrieb und einen weiteren der Regelbesteuerung unterliegenden Gewerbebetrieb, richtet sich die Aufteilung der Vorsteuerbeträge für gemischt genutzte Eingangsleistungen (hier: Blockheizkraftwerk) nach § 15 Abs. 4 UStG. Sachgerecht i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ist dabei -entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung in Abschn.02.5 Abs.20 Satz 1 i.V.m. Abs. 12 Satz 3 UStAE- die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Marktpreise der produzierten Strom- und Wärmemenge (objektbezogener Umsatzschlüssel).

Anschaffungskosten für Blockheizkraftwerk – und die Vorsteueraufteilung

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall stritt ein Gartenbaubetrieb mit der Finanzverwaltung um die Höhe des Vorsteuerabzugs aus den Anschaffungskosten sowie den laufenden Kosten für ein Strom und Wärme produzierendes Blockheizkraftwerk. Der Gartenbaubetrieb versteuerte seine erwirtschafteten Umsätze nach Durchschnittssätzen (§ 24 Abs. 1 UStG). Im Dezember 2006 erwarb er ein Blockheizkraftwerk mit einer Gesamtleistung von 609 kW, das noch im Dezember 2006 in Betrieb genommen wurde. Im Februar 2007 folgten der Erwerb und die Inbetriebnahme eines zweiten Aggregates.Den vom Blockheizkraftwerk erzeugten Strom speiste er in das öffentliche Netz (EnBW) ein. Die durch den Betrieb des Blockheizkraftwerk in 2007 erzeugte Wärme nutzte er für das Beheizen der Gewächshäuser seines Gärtnereibetriebes.

In den -zu Vorbehaltsfestsetzungen führenden- Umsatzsteuererklärungen machte der Gartenbaubetrieb die ihm für die Lieferung des Blockheizkraftwerkes, des zweiten Aggregates sowie den Betrieb der Anlage in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in voller Höhe als Vorsteuer geltend. Aufgrund der Ergebnisse einer Außenprüfung änderte das Finanzamt die Umsatzsteuerfestsetzungen und kürzte den Vorsteuerabzug: Die geltend gemachten Vorsteuern seien in einen abziehbaren (Strom) und einen nicht abziehbaren Anteil (Wärme) aufzuteilen. Da die Wärme für den Gartenbau verwendet werde, sei die hierauf entfallende Vorsteuer mit der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung abgegolten. Bei einer Gesamtfeuerungsleistung von 609 kW betrage die elektrische Leistung der Anlage 265 kW, dies entspreche einem elektrischen Wirkungsgrad von 43,5%. Die thermische Leistung betrage 205 kW, das seien 33,66% von der Gesamtfeuerungsleistung. Demnach betrage der Gesamtwirkungsgrad 77,1%. Davon entfielen 56,4% auf die elektrische Leistung und 43, 6% auf die thermische Leistung. Entsprechend diesem Verhältnis seien die Vorsteuern in einen abziehbaren (56,4% für Strom) und einen nicht abziehbaren Teil (43,6% für Wärme) aufzuteilen.

Der hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht Baden-Württemberg überwiegend statt[1], der Bundesfinanzhof bestätigte dies nun und wies die Revision des Finanzamtes als unbegründet zurück: Das Finanzgericht hat, so der Bundesfinanzhof, zu Recht entschieden, dass die Vorsteuern aus der Anschaffung des Blockheizkraftwerk und des zweiten Aggregates aufzuteilen sind und eine Aufteilung nach der produzierten Leistung in kWh nicht sachgerecht ist.

Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG regelt schließlich für die ab dem 1.01.2004 bezogenen Eingangsleistungen, dass eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur zulässig ist, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.

Das Unionsrecht regelt die Vorsteueraufteilung in Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG (seit 1.01.2007: Art. 173 Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL) wie folgt: Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 77/388/EWG besteht, als auch für Umsätze, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, darf nur der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze „entfällt“. Dieser Pro-rata-Satz wird nach Art.19 der Richtlinie 77/388/EWG (Art. 173 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 174 MwStSystRL) für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.

Unterhält ein Unternehmer -wie im Streitfall der Gartenbaubetrieb- einen der Vorsteuerpauschalierung unterliegenden landwirtschaftlichen Betrieb i.S. von § 24 Abs. 1 UStG und einen weiteren der Regelbesteuerung unterliegenden Gewerbebetrieb, richtet sich die Aufteilung der Vorsteuerbeträge für die gemischte Verwendung von Eingangsleistungen nach § 15 Abs. 4 UStG.

Soweit der Gartenbaubetrieb die Eingangsleistung (Blockheizkraftwerk) zur Erzeugung von Strom nutzte und diesen entgeltlich in das öffentliche Netz einspeiste, liegt eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung vor. Hinsichtlich der Nutzung des Blockheizkraftwerk zu Wärmelieferungen an die Gärtnerei ist hingegen ein (weiterer) Vorsteuerabzug nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ausgeschlossen. Damit verwendet der Gartenbaubetrieb die Eingangsleistung (Blockheizkraftwerk) nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ist eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem sog. Umsatzschlüssel nur dann zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.

Die richtlinienkonforme Auslegung des § 15 Abs. 4 UStG führt im Falle der Anschaffung oder Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes grundsätzlich zur Anwendung des objektbezogenen Flächenschlüssels, da dieser im Sinne des EuGH-Urteils „BLC Baumarkt“[2] eine präzisere Berechnung der Vorsteuerbeträge ermöglicht als die Aufteilung nach dem Gesamtumsatz des Unternehmens und nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel. Die Aufteilung nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel beruht allerdings auf der Annahme, dass sich die Eingangsbezüge gleichmäßig auf die Fläche verteilen. Dieser Aufteilungsschlüssel ist daher nicht sachgerecht i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG, wenn die Nutzflächen des Gebäudes nicht miteinander vergleichbar sind, wie dies etwa bei stark unterschiedlicher Ausstattung der Gebäudeteile der Fall ist[3]. In diesem Falle gilt der objektbezogene Umsatzschlüssel, wenn die Vorsteuerbeträge den Gegenstand selbst (Gebäude) betreffen und die objektbezogene gegenüber einer gesamtumsatzbezogenen Aufteilung genauer ist, weil ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu den Ausgangsumsätzen durch Verwendung (Nutzung) dieses Gebäudes besteht. Wird das Gebäude dagegen für Umsätze des gesamten Unternehmens verwendet (wie beispielsweise ein Verwaltungsgebäude), sind die Vorsteuerbeträge nach dem gesamtumsatzbezogenen Umsatzschlüssel aufzuteilen[4].

Im Streitfall sind die Vorsteuern -entgegen der Ansicht des Finanzamt- nicht unterschiedslos nach der produzierten Leistung in kWh, sondern nach dem Verhältnis der Marktpreise der im Streitjahr produzierten Strom- und Wärmemenge i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG aufzuteilen.

Eine Aufteilung nach der produzierten Leistung in kWh ist nicht sachgerecht, weil die durch den Betrieb des Blockheizkraftwerk erzeugten Produkte (Strom und Wärme) nicht miteinander vergleichbar sind. Ebenso wie der objektbezogene Flächenschlüssel bei stark unterschiedlicher Ausstattung der einzelnen Gebäudeteile („Produkte“) ausscheidet, kommt die Leistung eines Blockheizkraftwerk in kWh als wirtschaftliche Zurechnung dann nicht in Betracht, wenn sich die erstellten Produkte erheblich voneinander unterscheiden.

Dafür spricht bereits, dass Hauptaufgabe eines Blockheizkraftwerk die Produktion von Strom ist, während es sich bei der zwangsläufig entstehenden Wärme lediglich um das Nebenprodukt eines Blockheizkraftwerk handelt. Die beiden Erzeugnisse unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit und Verwertbarkeit. Elektrische Energie (Strom) ist multifunktional nutzbar, lässt sich gut in andere Energieformen umwandeln und kann in großen Mengen über weite Strecken transportiert werden. Die Nutzung von Wärme ist dagegen stark eingeschränkt, zumal eine Umwandlung in Strom -in den Streitjahren- nur unter technischen Schwierigkeiten und zu einem geringen Prozentsatz möglich war. Diese Unterschiede führen dazu, dass die Produkte „Strom“ und „Wärme“ trotz der gleichen Bemessung als „kWh“ auf verschiedenen Märkten und zu stark voneinander abweichenden Preisen angeboten werden. Nach den Feststellungen des Finanzgericht wird ein kWh-Strom am Markt deutlich höher bewertet und vergütet als eine kWh-Wärme. So erzielte der Gartenbaubetrieb im Streitjahr 2007 für eine kWh-Strom 0, 1767 EUR, während der ortsübliche Marktpreis für eine kWh-Wärme lediglich bei 0, 035 EUR lag. Der Preis für eine kWh-Strom betrug damit mehr als das Fünffache einer kWh-Wärme.

Soweit die Finanzverwaltung nach Abschn.02.5 Abs.20 Satz 1 in entsprechender Anwendung des Abs. 12 Satz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der betreffenden Strommengen vorschreibt, vermag der Bundesfinanzhof dieser Auffassung für die Aufteilung von Vorsteuern eines Strom und Wärme produzierendes Blockheizkraftwerk nicht zu folgen.

Der Anwendung des objektbezogenen Umsatzschlüssels steht nicht entgegen, dass für die Nutzung der Wärme in der Gärtnerei kein Entgelt berechnet wurde und das Finanzgericht daher den ortsüblichen Preis für Fernwärme als fiktiven Umsatz in Beziehung zum tatsächlichen Umsatz mit Strom gesetzt hat. Fehlt es an einem tatsächlichen Umsatz, kann nach dem BFH-Urteil in BFHE 234, 556[5] bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge auf einen fiktiven Vermietungsumsatz und damit im Streitfall auf einen fiktiven Verkaufsumsatz abgestellt werden. Da es sich insoweit um eine Schätzung handelt, steht -entgegen der Ansicht des Finanzamt- der Anwendung des Umsatzschlüssels auch nicht entgegen, dass der Gartenbaubetrieb die Wärme mangels Fernwärmeleitung tatsächlich nicht in das Fernwärmenetz einspeisen konnte.

Nicht sachgerecht wäre demgegenüber die Anwendung des gesamtumsatzbezogenen Umsatzschlüssels. Denn dabei würde nicht nur der Umsatz aus dem Blockheizkraftwerk berücksichtigt, sondern auch der mit der Gärtnerei erzielte Umsatz. Im Hinblick darauf, dass die Vorsteuerbeträge den Gegenstand selbst (Blockheizkraftwerk) betreffen und auch ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu den Ausgangsumsätzen durch die Nutzung des Blockheizkraftwerk als Produktionsstätte für Strom und Wärme besteht, ist der objektbezogene Umsatzschlüssel genauer als eine gesamtumsatzbezogene Aufteilung.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. November 2016 – V R 1/15

  1. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.07.2014 – 9 K 3180/11[]
  2. EuGH, Urteils BLC Baumarkt vom 08.11.2012 – C-511/10, EU:C:2012:689 Leitsatz sowie Rz 18 und 24[]
  3. BFH, Urteile in BFHE 245, 416, Leitsätze 1 und 2, Rz 32, sowie vom 03.07.2014 – V R 2/10, BFHE 245, 571; BFH, Urteil vom 10.08.2016 – XI R 31/09, BFHE 254, 461, BFH/NV 2016, 1654, Rz 48[]
  4. BFH, Urteile in BFHE 245, 416, und in BFHE 245, 571; BFH, Urteil in BFHE 254, 461, BFH/NV 2016, 1654, Rz 52 bis 57[]
  5. BFH, Urteil vom 19.07.2011 – XI R 29/09, BFHE 234, 556, BStBl II 2012, 430, Rz 50[]