In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein Energieversorgungsunternehmen in Stromversorgungsverträgen mit Endverbrauchern verwendet, verstößt die Klausel „Der Vertrag hat eine Erstlaufzeit von einem Jahr. Die Erstlaufzeit beginnt mit dem in der Auftragsbestätigung genannten Lieferbeginn.“ nicht gegen § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB.

Die den anderen Vertragsteil bindende Laufzeit eines Dauerschuldverhältnisses im Sinne des § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB beginnt zwar bereits mit dem Abschluss des Vertrages und nicht erst mit einem etwa vereinbarten späteren Beginn der Leistungserbringung[1]. Schutzzweck des genannten Klauselverbots ist es, eine übermäßig lange Bindung des Kunden zu verhindern, die dessen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt. Ein Vertrag bindet jedoch bereits ab seinem Abschluss und nicht erst ab Beginn des Leistungsaustauschs.
Davon ausgehend käme bei der vorliegenden Klausel eine mit der gesetzlich zulässigen Höchstbindungsdauer von zwei Jahren nicht zu vereinbarende Vertragslaufzeit dann in Betracht, wenn der Stromlieferungsvertrag durch eine Auftragsbestätigung des Stromversorgers zustande kommt, der Lieferbeginn – der eine einjährige Bindung auslöst – aber erst mehr als zwölf Monate später erfolgt[2]. Einer solchen zeitlichen Abfolge stehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht entgegen. Dieser enthält zwar die Voraussetzung, dass der bisherige Stromliefervertrag des Kunden vor dem Beginn der Lieferung durch das Stromversorgungsunternehmen beendet ist. Er schließt aber nicht aus, dass die Auftragsbestätigung des Stromversorgers und damit der Abschluss des neuen Stromlieferungsvertrags bereits vor der Beendigung des Altvertrages erfolgt und sich daher der Lieferbeginn durch den (neuen) Stromversorger auf die Zeit nach dem Auslaufen des bisherigen Versorgungsvertrags hinauszögert.
Eine solche zeitliche Abfolge, die zu einer unzulässigen Vertragsbindung von mehr als zwei Jahren führen könnte, ist aber nach Ansicht des Bundesgerichtshofs zu Recht als lebensfremd zu betrachten.
Im Hinblick auf die Volatilität der Strompreise haben weder die Stromversorgungsunternehmen noch deren Kunden ein vernünftiges Interesse daran, einen Vertrag für einen über zwölf Monate in der Zukunft liegenden Lieferbeginn zu schließen. Der Kunde wird versuchen, von dem Wettbewerb im Strommarkt zu profitieren und gegebenenfalls einen günstigeren Tarif zu erhalten. Der Stromversorger wird sich nicht ohne konkreten Vorteil auf das Risiko einlassen, einen Strompreis zu vereinbaren, der möglicherweise deutlich unter dem bei Lieferbeginn geltenden Preisniveau liegt, zumal dieser Preisunterschied nicht ohne weiteres durch – häufig ohnehin umstrittene – Preisanpassungen ausgeglichen werden kann.
Hinzu kommt, dass das Stromversorgungsunternehmen, das einen Vertrag bestätigt, obwohl der Lieferbeginn erst über zwölf Monate später erfolgen kann, sich in diesem Zeitraum einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand ausgesetzt sehen kann, ohne hierfür eine Gegenleistung in Form eines Entgelts zu erhalten. Es müsste beispielsweise – die Wirksamkeit einer Preisanpassungsklausel unterstellt – Preisanpassungen individuell ankündigen. Weiter müsste es eventuelle Änderungsmitteilungen der Kunden, etwa bezüglich der Anschrift oder der Bankverbindung, bearbeiten.
Das beklagte Stromversorgungsunternehmen hat dementsprechend im vorliegenden Rechtsstreit unwidersprochen vorgetragen, in den Fällen einer erheblichen Verzögerung des Lieferbeginns aufgrund der vertraglichen Kündigungsfristen im Rahmen des bestehenden Liefervertrags des Kunden bereits keine Vertragsbestätigung zu versenden. Zwar kommt es beim Verbandsprozess nicht darauf an, wie der Verwender die Klausel tatsächlich handhabt, sondern allein darauf, wie er sie nach dem Regelungsgehalt, der ihr bei kundenfeindlichster Auslegung zukommt, handhaben könnte[3]. Auch nach der kundenfeindlichsten Auslegung scheiden jedoch solche Auslegungsmöglichkeiten aus, die – wie die vorliegend in Rede stehende zeitliche Abfolge – von den an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht in Betracht gezogen werden[4]. Die befürchtete Konstellation ist letztlich zwar theoretisch denkbar, aber nach der Lebenserfahrung auszuschließen. Eine unzulässige Vertragsbindung des Kunden über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren sieht daher die Klausel bei der gebotenen Betrachtung nicht vor.
Auf die Auswirkungen des vorliegend im Vertrag enthaltenen Widerrufsrechts des Kunden kommt es damit nicht an.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Dezember 2012 – VIII ZR 14/12
- BGH, Urteil vom 17.03.1993 – VIII ZR 180/92, BGHZ 122, 63, 67 f.[↩]
- vgl. OLG Naumburg, ZNER 2011, 455 f.[↩]
- BGH, Urteile vom 28.01.1987 – IV ZR 173/85, BGHZ 99, 374, 376; vom 23.01.2003 – III ZR 54/02, NJW 2003, 1237 unter II 3 a[↩]
- BGH, Urteile vom 05.04.1984 – III ZR 2/83, BGHZ 91, 55, 61; vom 21.04.2009 – XI ZR 78/08, aaO Rn. 11[↩]