Die Frage, ob die vom Betreiber eines Elektrizitätsnetzes in einem nach Vertragsschluss veröffentlichten Preisblatt festgelegten Netznutzungsentgelte der gerichtlichen Überprüfung nach § 315 Abs. 3 BGB unterliegen, war auch vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.10.2005[1] nicht als in einem solchen Maße zweifelhaft und ungeklärt anzusehen, dass einem Netzkunden die Erhebung einer Klage auf Rückzahlung des nicht geschuldeten Teils des Entgelts zur Hemmung der Verjährung unzumutbar war.

Gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB muss sich die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers auf alle tatsächlichen Umstände erstrecken, die zur Entstehung des Anspruchs erforderlich sind. Ausreichende Kenntnis im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben, wenn dem Gläubiger auf Grund der ihm bekannten oder aufgrund grober Fahrlässigkeit unbekannt gebliebenen Tatsachen zugemutet werden kann, zur Durchsetzung seiner Ansprüche gegen eine bestimmte Person aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos Klage zu erheben. Dabei muss der Gläubiger seinen Anspruch nicht abschließend beziffern können. Es genügt, wenn er etwa eine Feststellungsklage erheben kann[2].
Erforderlich und genügend ist im Allgemeinen die Kenntnis der tatsächlichen Umstände; die zutreffende rechtliche Würdigung des bekannten Sachverhalts wird grundsätzlich nicht vorausgesetzt. Rechtlich fehlerhafte Vorstellungen des Gläubigers beeinflussen den Beginn der Verjährung deshalb in der Regel nicht. Ist die Rechtslage dagegen unübersichtlich oder zweifelhaft, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag, kann der Verjährungsbeginn auch wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein, weil es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlt[3].
Ein Anspruch auf Erstattung gezahlter Entgelte wegen ungerechtfertigter Bereicherung ergibt sich nicht allein aus dem Umstand, dass der Gläubiger die Höhe der Entgelte einseitig festgesetzt hat. Er setzt vielmehr voraus, dass die Festsetzung der Entgelte gemäß § 315 Abs. 3 BGB der gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Deshalb hat sich das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend mit der Frage befasst, ob das Vorliegen dieser rechtlichen Voraussetzung bei Stromnetznutzungsentgelten vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.10.2005 als in einem solchen Maße zweifelhaft und ungeklärt anzusehen war, dass der Klägerin eine Klageerhebung nicht zumutbar war.
Eventuelle rechtliche Fehlvorstellungen über die Anwendbarkeit von § 315 Abs. 3 BGB stehen in der zu beurteilenden Fallkonstellation jedoch einem Beginn der Verjährung nicht entgegen.
Der Bundesgerichtshof hat bereits in einem ähnlich gelagerten Fall in einem Hinweisbeschluss gemäß § 552a ZPO ausgeführt, die Frage der Anwendbarkeit von § 315 Abs. 3 BGB sei vor der Entscheidung vom 18.10.2005 nicht so unübersichtlich oder zweifelhaft gewesen, dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig hätte einschätzen können; die Entscheidung vom 18.10.2005 stehe vielmehr in einer Reihe mit anderen, älteren Entscheidungen zu § 315 BGB[4].
Für den Streitfall ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Die Anwendbarkeit von § 315 Abs. 3 BGB auf Vertragsbeziehungen, die nicht dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzuordnen sind, ist in der Literatur und in Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung zwar verneint worden. Der Klägerin war bei dieser Ausgangslage aber eine Klage schon deshalb zuzumuten, weil die maßgebliche Rechtsfrage von den Obergerichten nicht einheitlich beantwortet wurde. Zudem hatte der Bundesgerichtshof die Anwendbarkeit von § 315 Abs. 3 BGB auf in Preisblättern festgelegte Entgelte schon zuvor auch für Zinsanpassungsklauseln und damit für einen Bereich bejaht, der zwar keine unmittelbaren Bezüge zur Energieversorgung aufweist, aber ebenso wie der Bereich der Netzentgelte nicht der Daseinsvorsorge zuzuordnen ist[5]. Angesichts dessen war die Rechtslage vor dem 18.10.2005 jedenfalls insoweit, als es um nach Vertragsschluss veröffentlichte Preisblätter geht, nicht in einem solchen Maße zweifelhaft und ungeklärt, dass eine Klage auf Rückzahlung von Entgelten unzumutbar gewesen wäre.
Die Rückzahlungsansprüche sind nicht mit den einzelnen Abschlagszahlungen entstanden, sondern erst mit Zugang der Jahresabrechnung.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Abschlagszahlungen, die nicht auf einzelne Teilleistungen bezogen werden können, sondern lediglich unselbständige Rechnungsposten darstellen, nicht schon deshalb rechtsgrundlos erbracht, weil der Anspruch, auf den die Zahlungen angerechnet werden sollen, teilweise unbegründet ist.
Rechtsgrund für die Abschlagszahlungen ist die vertragliche Abrede der Parteien über die Erbringung solcher Vorauszahlungen[6]. Ein Anspruch auf Erstattung von Vorauszahlungen besteht deshalb nur, wenn die Vorauszahlungsabrede unwirksam ist[7]. Ist nur der Vergütungsanspruch teilweise unbegründet, so kann dem Bereicherungsgläubiger nur ein auf das Gesamtjahr bezogener Rückzahlungsanspruch zustehen[8].
Dieser Rückzahlungsanspruch kann grundsätzlich erst dann geltend gemacht werden, wenn der Gläubiger eine Jahresabrechnung erstellt hat.
Ein Anspruch auf Erstattung von Vorauszahlungen setzt voraus, dass feststeht, welche Leistungen insgesamt in Anspruch genommen wurden und welche Vergütung dafür geschuldet ist. Der Bundesgerichtshof hat daraus für die Rückforderung überhöhter Entgelte für die Lieferung von Gas und Strom die Schlussfolgerung gezogen, dass der Bereicherungsanspruch erst dann entsteht, wenn der Lieferant die Endabrechnung erstellt oder wenn er es in von ihm zu vertretender Weise versäumt, die geschuldete Abrechnung nach Fälligkeit der Abrechnungspflicht innerhalb angemessener Frist vorzunehmen[9].
Für die hier zu beurteilende Konstellation gilt nichts anderes.
Der Bundesgerichtshof hat zwar in einem anders gelagerten Fall angenommen, die Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung des unter Vorbehalt gezahlten Netznutzungsentgelts beginne mit der Zahlung und nicht erst mit der gerichtlichen Bestimmung des billigen Entgelts im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB[10]. Diese Ausführungen beziehen sich aber nicht auf einen Anspruch auf Erstattung von Vorauszahlungen, sondern auf einen Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Netzentgelte für das Gesamtjahr. Ihnen kann nicht entnommen werden, dass ein Rückzahlungsanspruch abweichend von der aufgezeigten Rechtsprechung schon mit einer einzelnen Vorauszahlung entsteht.
Die Verjährung beginnt nicht erst dann, wenn dem Netznutzer die Kostenstruktur des Netzbetreibers bekannt ist.
Wie bereits oben aufgezeigt wurde, ist ein ausreichender Kenntnisstand im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben, wenn dem Gläubiger auf Grund der ihm bekannten oder aufgrund grober Fahrlässigkeit unbekannt gebliebenen Tatsachen zugemutet werden kann, zur Durchsetzung seiner Ansprüche gegen eine bestimmte Person aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos Klage zu erheben. Im Streitfall war für eine aussichtsreiche Klage ausreichend, dass konkrete Anhaltspunkte vorlagen, die es nahelegten, dass die Festsetzung der Netznutzungsentgelte durch die Beklagte nicht der Billigkeit entsprach.
Der danach erforderliche Kenntnisstand ergibt sich im Streitfall nicht schon aus einer Zahlung unter Vorbehalt.
Zwar kann ein ausreichender Kenntnisstand im Einzelfall zu bejahen sein, wenn der Netznutzer das verlangte Entgelt schon während des Bezugszeitraums für überhöht hält und deshalb nur unter Vorbehalt zahlt[11]. Nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt hat die Klägerin, wie bereits oben dargelegt wurde, einen solchen Vorbehalt aber nicht erhoben.
Ein Verjährungsbeginn vor dem Jahr 2006 kann auch nicht auf die Genehmigung der Netznutzungsentgelte für das Jahr 2007 gestützt werden.
Im Einzelfall können sich aus einer späteren Genehmigung von Nutzungsentgelten für dasselbe Netz allerdings hinreichende Anhaltspunkte für das Bestehen eines Rückzahlungsanspruchs ergeben. Die Diskrepanz zwischen genehmigten und zuvor verlangten Netzentgelten kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die das Berufungsgericht im Streitfall zugrunde gelegt hat, als Grundlage für eine Schätzung des billigen Entgelts gemäß § 287 ZPO herangezogen werden. Deshalb ist ein hinreichender Kenntnisstand in der Regel gegeben, wenn der Gläubiger von der Genehmigung Kenntnis erlangt oder diese ihm aufgrund grober Fahrlässigkeit unbekannt bleibt.
Dieser Zeitpunkt liegt im Streitfall jedoch nicht vor dem Jahr 2005, so dass die Verjährung vor Ende des Jahres 2008 noch nicht vollendet war.
- KZR 36/04, BGHZ 164, 336 – Stromnetznutzungsentgelt I[↩]
 - vgl. nur BGH, Urteil vom 10.05.2012 – I ZR 145/11, GRUR 2012, 1248 = WRP 2013, 65 Rn. 30 – Fluch der Karibik[↩]
 - BGH, Urteil vom 25.02.1999 – IX ZR 30/98, NJW 1999, 2041, 2042; Urteil vom 03.03.2005 – III ZR 353/04, NJW-RR 2005, 1148, 1149[↩]
 - BGH, Beschluss vom 23.06.2009 – EnZR 49/08, RdE 2009, 377 Rn. 7[↩]
 - BGH, Urteil vom 06.03.1986 – III ZR 195/84, BGHZ 97, 212, 214[↩]
 - BGH, Beschluss vom 07.12 2010 – KZR 41/09, ZNER 2011, 314 Rn. 3; Urteil vom 19.03.2002 – X ZR 125/00, NJW 2002, 2640, 2641[↩]
 - BGH, NJW 2002, 2640, 2641[↩]
 - BGH, Beschluss vom 07.12 2010 – KZR 41/09, ZNER 2011, 314 Rn. 4[↩]
 - BGH, Urteil vom 23.05.2012 – VIII ZR 210/11, NJW 2012, 2647 Rn. 10; Urteil vom 26.09.2012 – VIII ZR 279/11, NJW 2013, 1077 Rn. 44[↩]
 - BGH, Beschluss vom 07.12 2010 – KZR 41/09, ZNER 2011, 314 Rn. 8[↩]
 - vgl. BGH, RdE 2009, 377 Rn. 7[↩]
 







