Die vorzeitige Beendigung von Verträgen i. S. v. § 46 Abs. 2 EnWG sowie das diesbezügliche Vertragsende sind nach § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. Eine nicht diesen Anforderungen entsprechende Bekanntmachung hat nach § 134 BGB die Nichtigkeit des daraufhin zustande gekommenen Rechtsgeschäfts zur Folge.

Wie die Formulierung „öffentlich bekannt zu geben“ in § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG zu verstehen ist, ist umstritten. Die ganz überwiegende Auffassung geht dabei davon aus, dass die Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG genauso zu erfolgen hat wie die Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG [1].
Das Oberlandesgericht Celle hält die überwiegend vertretene Auffassung für zutreffend.
Eine Auslegung nach dem Wortlaut führt nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle zu keinem zwingenden Ergebnis: Die Formulierung „öffentlich bekannt zu geben“ erlaubt mindestens ebenso gut ein Verständnis, dass damit nur eine Veröffentlichung im (elektronischen) Bundesanzeiger gemeint ist, wie ein Verständnis, dass diese Formulierung weitergehend ist und auch Veröffentlichung in anderen – öffentlichen – Medien zulässt.
Auch die Gesetzesmaterialien lassen nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle eine Festlegung auf eine der beiden Auslegungsvarianten nicht mit hinreichender Sicherheit zu. Konkrete Anhaltspunkte dafür, welche Überlegungen sich der historische Gesetzgeber mit der Formulierung „öffentlich bekannt zu geben“ gemacht hat, vermag das Oberlandesgericht Celle den dort Gesetzesmaterialien nicht hinreichend zu entnehmen.
Ebenfalls in diesem Sinne nicht weiterführend ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle die systematische Auslegung. Argumentiert werden könnte in diesem Rahmen zwar, dass dem Umstand, dass in § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG konkret die Formulierung „Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger“ gewählt und zwei Sätze später nicht diese Formulierung wiederholt, sondern eine andere Formulierung verwendet worden ist, zu entnehmen ist, dass diese andere Formulierung dann auch etwas von der vorstehenden Formulierung Abweichendes zum Ausdruck bringen soll. Dies hält das Oberlandesgericht Celle aber nicht für zwingend. Mindestens genauso gut könnte nämlich argumentiert werden, dass die Formulierung „öffentlich bekannt zu geben“ in § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG lediglich Bezug nimmt bzw. sich anlehnt auf bzw. an die zwei Sätze zuvor genannte Veröffentlichungsmodalität.
Für entscheidend erachtet das Oberlandesgericht Celle vorliegend die teleologische Auslegung. Hintergrund des § 46 Abs. 3 EnWG ist der gesetzgeberische Wille, einen Wettbewerb um die Netze zu gewährleisten [2]. Dieser Zweck erfordert es nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle, dass auch die vorzeitige Verlängerung von Verträgen vor Ablauf der Vertragslaufzeit in genau derselben Art und Weise bekannt gemacht wird wie in dem Fall des Ablaufs von Verträgen nach § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG. In dem einem wie dem anderen Fall kann dies nur sichergestellt werden, wenn gewährleistet ist, dass potenzielle Interessenten auch tatsächlich Kenntnis davon erlangen, dass eine Neuvergabe ansteht. Dass in dem einen Fall diese Bekanntmachung in einem speziellen Medium erfolgen, in dem anderen Fall aber eine Bekanntmachung auch in anderen Medien genügen können soll, wäre nach dieser Maßgabe aus Sicht des Oberlandesgerichts Celle nicht nachvollziehbar. Soweit diesbezüglich – vom Ansatz her durchaus erwägenswert – argumentiert wird, dass der Gesetzgeber beide Fallkonstellationen schließlich auch insoweit unterschiedlich behandele, als der (reguläre) Ablauf von Verträgen zwei Jahre zuvor bekannt gegeben werden muss, wohingegen die vorzeitige Verlängerung von Verträgen lediglich drei Monate vor einem Neuabschluss bekannt gegeben werden muss, spricht dieses Argument letztendlich nicht durchgreifend gegen das hier vom Oberlandesgericht Celle vertretene Ergebnis. Denn gegen diese Argumentation kann mindestens ebenso gut eingewandt werden, dass gerade dann, wenn ohnehin schon eine Einschränkung des Wettbewerbs infolge der kürzeren Frist zu befürchten ist, eine Veröffentlichung umso mehr dafür sorgen muss, dass Wettbewerb eröffnet wird, weshalb nicht zusätzlich zu der kurzen Frist die Veröffentlichung auch noch in einem beliebigen Medium erfolgen darf.
Der Umstand, dass nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen vorliegend die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende nicht in der von § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG vorgesehenen Form erfolgt ist, hat zur Rechtsfolge, dass der nachfolgend geschlossene Konzessionsvertrag nach § 134 BGB unwirksam ist.
Betrifft – wie vorliegend § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG – das gesetzliche Verbot nur einen Vertragspartner, so hat dies im Regelfall nicht die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge; anderes gilt aber, wenn es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes nicht vereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen, und hieraus die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gefolgert werden muss [3].
Auf Grundlage des vorgenannten allgemeinen Grundsatzes geht die überwiegende Auffassung davon aus, dass ein Verstoß gegen § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG die Nichtigkeit des zustande gekommenen Rechtsgeschäfts gemäß § 134 BGB zur Folge hat, wobei allerdings zum Teil differenziert wird zwischen dem völligem Unterlassen einer Bekanntmachung und der bloß fehlerhaften Bekanntmachung [4].
Das Oberlandesgericht Celle hält die Auffassung für vorzugswürdig, wonach auch im Falle einer (bloß) fehlerhaften Bekanntmachung ein Verstoß gegen § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG die Nichtigkeit des daraufhin zustande gekommenen Rechtsgeschäfts gemäß § 134 BGB zur Folge hat.
Allein dieses Ergebnis erscheint dem Oberlandesgericht Celle als mit Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes des § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG vereinbar. Wie bereits ausgeführt, ist nach dem gesetzgeberischen Willen Hintergrund des § 46 Abs. 3 EnWG, einen Wettbewerb „um das Netz“ zu eröffnen. Dieser Wettbewerb würde aber ausgeschlossen beziehungsweise zumindest erheblich erschwert werden, wenn die Bekanntmachung von der vorzeitigen Verlängerung des Vertrages nur in einer Art und Weise bekannt gemacht würde, die es nicht gewährleistet, dass alle potenziellen Wettbewerber/Interessenten auch davon Kenntnis erlangen. Dieses Ziel kann vielmehr nur erreicht werden, wenn Verträge, die aufgrund einer unzureichenden Bekanntmachung (und damit nur eingeschränktem Wettbewerb) zustande gekommen sind, unwirksam sind. Die Möglichkeit, etwaige benachteiligte Wettbewerber auf sekundäre (Schadensersatz-)Ansprüche zu verweisen [5], würden die Erreichung dieses Zieles nach Einschätzung des Oberlandesgerichts Celle nicht hinreichend gewährleisten.
Die Gemeinde kann sich auf die Nichtigkeit des Vertrages berufen. Die Gemeinde ist nicht unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB (Fallgruppe des „venire contra factum proprium“) daran gehindert, sich auf die Nichtigkeit des neuen Vertrages zu berufen, insbesondere verhält sie sich nicht widersprüchlich.
Einer rechtlichen Prüfung unter diesem Aspekt steht zunächst nicht entgegen, dass der Vertragspartner ein widersprüchliches Verhalten der Gemeinde gar nicht reklamiert. Denn der Einwand aus § 242 BGB stellt keine Einrede, sondern einen von Amts wegen zu beachtenden Umstand dar [6]
Jedoch verhält sich die Gemeinde nicht widersprüchlich. Zwar hat sie die Nichtigkeit des Vertrages selbst dadurch herbeigeführt, dass sie den streitgegenständlichen Vertrag geschlossen hat, ohne vorher eine hinreichende Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG durchgeführt zu haben.
Jedoch dient die Regelung des § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG nicht dem Schutz der Gemeinde, sondern dem Schutz Dritter. Ohne eine Nichtigkeit des Vertrages könnte dieser Schutz nicht verwirklicht werden, weil die Gemeinde dann daran gehindert wäre, eine hinreichende Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 EnWG durchzuführen, mit konkurrierenden Unternehmen Verhandlungen durchzuführen und mit ihnen gegebenenfalls einen Konzessionsvertrag abzuschließen. Könnte sich die Gemeinde auf die Nichtigkeit des ohne Einhaltung der genannten Vorschriften abgeschlossenen Vertrages nicht berufen, würde der Gesetzeszweck (Herstellung von Wettbewerb) damit über eine längere Zeit vereitelt. Besteht der Zweck des Gesetzes in dem Schutz Dritter, kann die sich bei einem Verstoß ergebende Nichtigkeit nicht unter Hinweis auf Treu und Glauben verneint werden [7].
Dem Einwand steht auch nicht die Vorschrift des § 101 b Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GWB entgegen, wonach in Vergabeverfahren die Unwirksamkeit von Verträgen i. S. v. § 101 b Abs. 1 GWB später als 6 Monate nach Vertragsschluss nicht geltend gemacht werden kann.
Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift kommt vorliegend nicht in Betracht. Dass die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung des § 101 b Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GWB im Anwendungsbereich des § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG vorliegen, insbesondere eine entsprechende planwidrige Regelungslücke im Gesetz, vermag das Oberlandesgericht Celle nicht zu erkennen.
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 23. Mai 2013 – 13 U 185/12 (Kart)
- vgl. Wegner in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 2. Aufl., § 46 EnWG Rn. 110; Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2. Aufl., § 46 Rn. 64; Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 37; Albrecht in Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 3. Aufl., § 9 Rn. 93; Thomale/Kießling, N & R 2008, 166, 173; anderer Auffassung: Klemm, VersorgW 2005, 197, 201[↩]
- vgl. BT-Drucksache 13/7274, S. 21[↩]
- st. Rspr., vgl. z. B. BGH, Urteil vom 12.05.2011 – III ZR 107/10[↩]
- in diesem Sinne, ohne Differenzierung: Albrecht in Schneider/Theobald, a. a. O., Rn. 94; Thomale/Kiesling, N & R 2008, 166, 173; Ortner, VergabeR 2008, 608, 609; für den Fall der gänzlich fehlenden Bekanntmachung: OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2008 – 2 U (Kart) 8/07; Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, a. a. O., § 46 Rn. 67; anderer Ansicht: Wegner in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, a. a. O., § 46 Rn. 120[↩]
- in diesem Sinne Wegner, a. a. O.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 25.05.2011 – IV ZR 191/09[↩]
- vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2008 – 2 U (Kart) 8/07, juris Rn. 31 f.[↩]