Das stromsteuerrechtliche Herstellerprivileg erstreckt sich nicht auf die Beleuchtung und Klimatisierung von Sozialräumen. Eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG für den zur Stromerzeugung entnommenen Strom kann nur dann gewährt werden, wenn die Verwendung des Stroms mit der Stromerzeugung in einem engen Zusammenhang steht und aufgrund der besonderen Gegebenheiten der jeweiligen Stromerzeugungsanlage erforderlich ist, um den Betrieb der Anlage aufrechtzuerhalten. Für die Beleuchtung und Klimatisierung von Sozialräumen kommt eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG daher nicht in Betracht.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG ist Strom von der Steuer befreit, der zur Stromerzeugung entnommen wird. Eine Konkretisierung erfährt die Regelung durch § 12 Abs. 1 StromStV. Danach wird Strom zur Stromerzeugung entnommen, der u.a. in Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit insbesondere zur Wasseraufbereitung, Dampferzeugerwasserspeisung, Frischluftversorgung, Brennstoffversorgung oder Rauchgasreinigung zur Erzeugung von Strom im technischen Sinne verbraucht wird. Der Wortlaut der Vorschrift, die eine nicht als abschließend zu betrachtende Aufzählung von Neben- und Hilfsanlagen enthält, legt nahe, dass nur die Strommengen von der Steuer befreit sind, deren Verwendung in einem engen Zusammenhang mit der Stromerzeugung stehen. In herkömmlichen Kraftwerken, in denen zur Wärmegewinnung Energieerzeugnisse wie z.B. Kohle, Heizöl oder Erdgas verbrannt werden, wird Strom mit Hilfe dampfgetriebener Turbinen in Generatoren erzeugt. Zur Stromerzeugung entnommen wird Strom, der erforderlich ist, um die Generatorenleistung zu ermöglichen. Deshalb sind solche Neben- und Hilfseinrichtungen in die Begünstigung miteinzubeziehen, ohne die eine Stromerzeugungsanlage nicht betrieben werden kann. Nicht der Stromerzeugung dienen Anlagen, die bei isolierter Betrachtung des Kraftwerkbetriebs nicht erforderlich sind, um die Stromerzeugung aufrechtzuerhalten. Wie der BFH entschieden hat, gehören hierzu Anlagen zur Herstellung von Energieerzeugnissen (z.B. Biogasanlagen), die im Kraftwerk zur Stromerzeugung eingesetzt werden sollen[1].
In diese Richtung weisen die unionsrechtlichen Vorgaben. Das in § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG normierte Herstellerprivileg beruht auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom[2]. Danach besteht eine obligatorische Steuerbefreiung für bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeten elektrischen Strom sowie für elektrischen Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird.
Wie diese Regelung belegt, hat sich der Unionsgesetzgeber bei der verbrauchsteuerrechtlichen Behandlung von Stromerzeugungsanlagen für die sog. outputLösung entschieden, nach der die zur Stromerzeugung eingesetzten Erzeugnisse grundsätzlich von der Steuer zu befreien sind und eine Steuer nur auf den produzierten Strom erhoben wird. Die in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a RL 203/96/EG vorgenommene Differenzierung zwischen der Verwendung eines Erzeugnisses zur Stromerzeugung und der Verwendung von Strom zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, Strom zu erzeugen, beruht auf dem Umstand, dass Strom im Gegensatz zu den in Art. 2 Abs. 1 RL 2003/96/EG genannten Energieerzeugnissen nicht selbst zur Wärmegewinnung verheizt werden kann.
Das Stromerzeugern gewährte Herstellerprivileg ist in Zusammenhang mit der in Art. 21 Abs. 3 RL 2003/96/EG festgelegten Steuerbegünstigung für die Herstellung von Energieerzeugnissen zu sehen. Das u.a. für die Herstellung von Mineralölen gewährte Herstellerprivileg war bereits in Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19.10.1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle[3] angelegt. Die den Steuerentstehungstatbestand verdrängende Regelung hat der Unionsgesetzgeber nahezu unverändert in Art. 21 Abs. 3 RL 2003/96/EG übernommen. Nach wie vor ist eine Steuerbegünstigung ausgeschlossen, wenn das Energieerzeugnis für herstellungsfremde Zwecke insbesondere zum Antrieb von Fahrzeugen- verbraucht wird.
Richtlinienkonform ist § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG dahingehend auszulegen, dass die Steuerbefreiung nur für solchen Strom zu gewähren ist, der zur eigentlichen Stromerzeugung entnommen wird. In zulässiger Weise hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 StromStV nähere Festlegungen getroffen und Anlagenbestandteile in die Steuerbegünstigung miteinbezogen, die zur Stromerzeugung notwendig sind. Dass dies für Anlagen zur Wasseraufbereitung und Wassereinspeisung sowie zur Frischluft- und Brennstoffversorgung gilt, liegt auf der Hand. Ohne diese Anlagen ließe sich der Betrieb einer Stromerzeugungsanlage nicht aufrechterhalten. In die Begünstigung einzubeziehen sind jedoch auch solche Einrichtungen, ohne die ein Kraftwerk nach den atomrechtlichen, gewerberechtlichen, umweltrechtlichen, wasserrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Vorschriften oder Auflagen überhaupt nicht betrieben werden kann[4]. Denn auch solche Anlagen sind zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, Strom zu erzeugen, unbedingt erforderlich. Entscheidende Kriterien sind zum einen die technischen Erfordernisse und zum anderen die rechtlichen Anforderungen an den Betrieb einer Stromerzeugungsanlage. Bei dieser Betrachtung scheiden solche Anlagen oder Anlagenbestandteile aus, denen im Hinblick gerade auf die Stromerzeugung keine betriebsnotwendige Bedeutung zukommt. Die Stromverwendung muss auf den besonderen Gegebenheiten des Kraftwerkbetriebs beruhen, d.h. den kraftwerkspezifischen Anforderungen entsprechen. Unter diesen Gesichtspunkten sind z.B. Einrichtungen zur Freizeitgestaltung der Beschäftigten oder Kantinen nicht begünstigt.
Hinsichtlich des Stroms, der zur Beleuchtung und Klimatisierung der Sozialräume verwendet wird, kann eine Steuerbefreiung nicht gewährt werden. Denn die Einrichtung von Sozialräumen – auch wenn sie auf arbeitsrechtlichen Vorschriften beruht – ist keine spezifische Notwendigkeit zum Betrieb einer Stromerzeugungsanlage. Anders kann es sich jedoch bei der Einrichtung von Arbeitsräumen verhalten, in denen besondere, gerade für den Betrieb einer solchen Anlage notwendige Tätigkeiten ausgeführt werden.
Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte in der Vorinstanz das Finanzgericht die Stromsteuerbefreiung unabhängig von solchen Erwägungen gewährt und – aus seiner Sicht folgerichtig – keine Feststellungen über die Art der Tätigkeiten getroffen, die in den Arbeitsräumen ausgeführt werden. Dies wird es im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Auch wird es die Strommengen festzustellen haben, die auf die Beleuchtung und Klimatisierung der Sozialräume und gegebenenfalls auch der Arbeitsräume entfallen. Für Letztere kommt die Gewährung einer Stromsteuerbefreiung nur dann in Betracht, wenn eine besondere Einrichtung dieser Räume gerade für den Betrieb der streitgegenständlichen Stromerzeugungsanlage notwendige Voraussetzung und daher auf die spezifischen Besonderheiten der Anlage zurückzuführen ist. Eine Begünstigung wäre z.B. nicht zu gewähren, wenn in den Räumlichkeiten lediglich Arbeiten durchgeführt werden, die auch in einem anderen Herstellungsbetrieb anfallen könnten.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Dezember 2011 – VII R 73/10