Einem Unternehmen, das kein Luftfahrtunternehmen ist, und ein eigenes Flugzeug flugbereit, versichert und vollgetankt nebst einem Piloten anderen Unternehmen im Rahmen eines Chartervertrags für beliebige Flüge im Werkflugverkehr zur Verfügung stellt, steht für das auf diesen Flügen verbrauchte Mineralöl kein Anspruch auf Befreiung von der Mineralölsteuer zu. Eine Mineralölsteuerentlastung kommt nicht in Betracht, weil das Unternehmen selbst keine Luftfahrt-Dienstleistungen erbringt und nicht Verwender des Mineralöls ist. Verwender ist der Charterer, der während des Charterzeitraums die Sachherrschaft über das Flugzeug ausübt.

Dabei kann es für den Bundesfinanzhof dahingestellt bleiben, ob im Streitfall § 169 Abs. 2 Nr. 1 AO aufgrund der nicht fristgerechten Umsetzung der RL 2003/96/EG und aufgrund der Rechtsprechung des EuGH[1] unangewendet bleiben muss; jedenfalls steht dem Charterunternehmen der begehrte Entlastungsanspruch nicht zu.
Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG 1993 i.V.m. § 50 Abs. 1 MinöStV wird eine steuerliche Begünstigung nur für Luftfahrtbetriebsstoffe gewährt, die von Luftfahrtunternehmen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen eingesetzt werden. Die Klägerin besitzt keine luftverkehrsrechtliche Genehmigungen nach § 20 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 des Luftverkehrsgesetzes. Sie ist daher kein Luftfahrtunternehmen, das der EuGH hinsichtlich der Beförderung von Personen oder Sachen als begünstigt angesehen hat.
Soweit aufgrund des Umstands, dass der Gerichtshof der Europäischen Union ohne die Schlussanträge des Generalanwalts entschieden hat, aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiten wird, der Bundesfinanzhof müsse das Urteil des EuGH in ZfZ 2012, 20 unangewendet lassen, ist dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen. Nach Art.20 Abs. 5 der Satzung des EuGH kann der Gerichtshof, sofern er der Auffassung ist, die Rechtssache werfe keine neuen Rechtsfragen auf, nach Anhörung des Generalanwalts beschließen, dass ohne Schlussanträge des Generalanwalts über die Sache entschieden wird. Bei der Anwendung dieser Vorschrift ist dem EuGH ein gewisser Beurteilungsspielraum einzuräumen. Im Streitfall hat der EuGH bereits über die vergleichbare Richtlinienbestimmung zur Steuerbefreiung von Schiffsbetriebsstoffen entschieden[2]. Daher ist es nachvollziehbar, dass er nach Anhörung des Generalanwalts auf die Schlussanträge verzichtet hat. Aber selbst wenn sich die verfahrensrechtliche Notwendigkeit einer Befassung des Generalanwalts nach Einschätzung eines nationalen Gerichts dem EuGH hätte aufdrängen müssen, folgt daraus noch nicht ohne Weiteres, dass das Urteil des EuGH, das unter Mitwirkung der hierzu berufenen Richter ordnungsgemäß zustandegekommen ist, unangewendet bleiben müsste. Schließlich kann schwerlich angenommen werden, es liege bei einem solchen Vorgehen des EuGH eine Überschreitung seiner ihm durch den AEUV zugewiesenen Kompetenzen vor, so dass seine Entscheidung ein vom Zustimmungsgesetz zum AEUV nicht mehr gedeckter „ausbrechender Rechtsakt“ sein könnte[3].
Hinsichtlich der Luftfahrtbetriebsstoffe, die im Rahmen der Vercharterung des Flugzeugs an die jeweiligen Kunden verwendet worden sind, ist die Klägerin nicht als entlastungsberechtigter Verwender anzusehen.
Nach § 50 Abs. 1 MinöStV wird auf Antrag die Steuer für Luftfahrtbetriebsstoffe u.a. Luftfahrtunternehmen erstattet oder vergütet, die sie im Steuergebiet versteuert bezogen und für steuerfreie Flüge verwendet haben. Die hierzu erforderliche Erlaubnis wird nach § 12 Satz 1 MinöStG 1993 demjenigen erteilt, der steuerbegünstigtes Mineralöl verwenden will. Auch gemäß der Nachfolgeregelung des § 52 Abs. 1 EnergieStG setzt die Gewährung einer Steuerentlastung voraus, dass die versteuerten Energieerzeugnisse zu den in § 27 EnergieStG genannten Zwecken verwendet werden und der Entlastungsberechtigte nach § 24 Abs. 2 EnergieStG im Besitz einer Verwendererlaubnis ist. Entlastungsberechtigt ist derjenige, der die Energieerzeugnisse verwendet hat (§ 52 Abs. 2 EnergieStG) und die hierfür erforderliche Verwendererlaubnis besitzt (§ 24 Abs. 2 EnergieStG). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich eindeutig, dass entlastungsberechtigt nur derjenige sein kann, der Luftfahrtbetriebsstoffe selbst zu den begünstigten Zwecken einsetzt, wobei die Eigentumsverhältnisse unbeachtlich sind[4]. Entscheidend ist, dass der Verwender in die Lage versetzt wird, über das Mineralöl bzw. das Energieerzeugnis zu verfügen. In Bezug auf den in § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 MinöStG 1993 normierten Entlastungstatbestand hat der BFH entschieden, vergütungsberechtigter Verwender könne nur derjenige sein, der die mittelbare oder unmittelbare Sachherrschaft über das eingesetzte Mineralöl ausübt[5]. Dies entspricht dem das Verbrauchsteuerrecht prägenden Grundsatz, dass die Steuerrechtsbeziehung demjenigen zuzurechnen ist, der selbst oder durch von ihm abhängiges Personal die Verfügungsgewalt über die verbrauchsteuerpflichtige Ware ausübt oder die Betriebsvorgänge steuert[6].
Wer ein aufgetanktes Flugzeug lediglich vermietet, überlässt die Sachherrschaft über die Luftfahrtbetriebsstoffe sowie deren konkrete Verwendung einem Dritten, der aufgrund des zu entrichtenden Entgelts für die Nutzungsüberlassung eigentlicher Belastungsträger der Steuer wird. Deshalb ist es systemgerecht, diesen als eigentlichen Verwender anzusehen, der im Fall der Verwendung des Luftfahrtbetriebsstoffs zu den von Gesetzes wegen begünstigten Zwecken eine Steuerentlastung beantragen kann. Nach dem Hinweis des Hauptzollamt ist dies im Streitfall auch erfolgt.
Der Klägerin steht ein Entlastungsanspruch hinsichtlich der Luftfahrtbetriebsstoffe, die auf den von ihren Kunden durchgeführten Flügen verbraucht worden sind, nicht zu, weil nicht sie, sondern ihre Kunden (Charterer) Verwender des Flugbenzins sind. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Klägerin das Flugzeug einschließlich eines Piloten verchartert hat. Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Finanzgericht konnten die Kunden das Luftfahrzeug im Rahmen des Charterzeitraums zu beliebigen Flügen nutzen. Die Sachherrschaft über das Flugzeug und die zur Durchführung der Flüge erforderlichen Luftfahrtbetriebsstoffe übten somit die Charterer aus, denen es oblag, im Rahmen des durchzuführenden Werkflugverkehrs die Einsatzorte und Einsatzzeiten festzulegen. Für die Beurteilung der Verwendereigenschaft eines Charterers kann es keinen Unterschied machen, ob er das Luftfahrzeug vom Vercharterer mit oder ohne Pilot mietet. Dieser Rechtsauffassung steht der Umstand nicht entgegen, dass der Pilot die Durchführung eines Fluges, z.B. aufgrund einer nicht erteilten Landeerlaubnis, schlechter Wetterbedingungen oder noch zu behebender technischer Mängel, ablehnen kann. Diese auf Einzelfälle beschränkte Dispositionsmöglichkeit kann die vertragsmäßig festgelegte Befugnis des Charterers zur Bestimmung der Flugziele und Einsatzzeiten nicht in einem solchen Maß verdrängen, dass mineralölsteuerrechtlich der Vercharterer als Verwender angesehen werden müsste.
Ein Anspruch der Klägerin auf die beantragte Mineralölsteuervergütung ergibt sich auch nicht aus der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht.
Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 RL 2003/96/EG sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung der Steuerbegünstigung und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt von der Steuer zu befreien.
Nach dem Urteil des EuGH in ZfZ 2012, 98 behält diese Bestimmung die in ihr vorgesehene Steuerbefreiung zwar nicht allein Luftfahrtunternehmen vor, jedoch kann die Steuerbegünstigung in anderen Fällen als bei der Beförderung von Sachen oder Personen durch Luftfahrtunternehmen nur dann gewährt werden, wenn ein Luftfahrzeug unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dient. Im Streitfall ist die Klägerin weder ein Luftfahrtunternehmen noch erbringt sie Luftfahrt-Dienstleistungen. Nach ihrem eigenen Vortrag und den Feststellungen des Finanzgericht schuldet die Klägerin keine Beförderungsdienstleistungen, sondern lediglich die Zurverfügungstellung eines vollgetankten Luftfahrzeugs nebst Piloten. Soweit ihre Kunden nach den Feststellungen des Finanzgericht ihren Werkverkehr mit dem Flugzeug abwickeln, erbringen auch sie keine Luftfahrt-Dienstleistungen. Ein Vergütungsanspruch, der sich aus der unmittelbaren Anwendung des Unionsrechts ergeben könnte, ist somit nicht ersichtlich.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. Juli 2012 – VII R 26/09
- vgl. Urteil vom 19.05.2011 C-452/09[↩]
- EuGH, Urteil in Slg.2004, I-3537[↩]
- vgl. zur Doktrin vom „ausbrechenden Rechtsakt“ BFH, Urteil vom 23.02.2010 – VII R 8/08, BFHE 229, 442; und BVerfG, Urteil vom 30.06.2009 – 2 BvE 2/08 u.a. –Lissabon–, BVerfGE 123, 267[↩]
- Schröer-Schallenberg in Teichner/Alexander/Reiche, MinöStG, StromStG, § 12 MinöStG Rz 22[↩]
- BFH, Urteil vom 22.11.2005 – VII R 33/05, BFHE 212, 335, ZfZ 2006, 163[↩]
- Peters in Peters/Bongartz/Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, D 91[↩]







