Vorläufige Betriebsuntersagung von Windenergieanlagen

Bedarf es aufgrund zahlreicher offener Rechtsfragen in Bezug auf die Zumutbarkeit von Immissionen einer Interessenabwägung zwischen dem Betrieb einer Windenergieanlage und den grundrechtlich geschützten Interessen eines Anliegers, von unzumutbaren Immissionen verschont zu bleiben, wiegt das Interesse des Anwohners schwerer.

Vorläufige Betriebsuntersagung von Windenergieanlagen

So hat das Verwaltungsgericht Koblenz in dem hier vorliegenden Eilverfahren den Betrieb zweier Windenergieanlagen (WEA) vorerst untersagt. Den Antrag hat ein Anwohner gestellt, dessen Anwesen vom Standort der beiden WEA 820 m bzw. 1.220 m entfernt liegt. Die beigeladene Betreibergesellschaft beabsichtigt, voraussichtlich im ersten Halbjahr des Jahres 2021 zwei von der Kreisverwaltung des Rhein-Hunsrück-Kreises genehmigte WEA mit einer Gesamthöhe von jeweils 212 m in Wiebelsheim zu errichten.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Koblenz seien noch zahlreiche Rechtsfragen offen, die erst im nachfolgenden Klageverfahren einer abschließenden Klärung zugeführt werden könnten. Wegen der somit offenen Rechtslage sei eine Interessenabwägung durchzuführen gewesen, die zugunsten des Antragstellers ausfalle. Dessen grundrechtlich geschütztes Interesse, von unzumutbaren Immissionen (insbesondere Schall und Schattenwurf) bis zu einer abschließenden Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, wiege schwerer als das wirtschaftliche Interesse am Betrieb der WEA.

Auch die beabsichtigte Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien ändere nichts an dieser Entscheidung, weil diesem Ziel für den gewählten Standort keine besondere Bedeutung zukomme. Denn der Rhein-Hunsrück-Kreis decke ohnehin bereits einen überdurchschnittlichen Anteil seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien und sei bundesweit der erste Landkreis, der CO2-neutral Strom verbrauche.

Zuletzt hat das Verwaltungsgericht Koblenz noch darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Klageverfahrens insbesondere noch zu prüfen sein werde, ob bereits das neue Landesentwicklungsprogramm IV gelte, was Auswirkungen auf die Rechtmäßig­keit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung haben könnte. Weiterhin müsse im Rahmen einer umfassenden Prüfung geklärt werden, ob der Antragsteller unzumutbar durch Schall beeinträchtigt werde. Dies hänge unter anderem von der Frage ab, ob die vom Gewerbe- und Industriegebiet Wiebelsheim ausgehenden Immissionen bei der Erstellung des zugrunde gelegten Schallgutachtens zutreffend berechnet worden seien.

Verwaltungsgericht Koblenz, Beschluss vom 20. August 2020 – 4 L 555/20.KO