Der mit der Durchführung des Effizienzvergleichs nach §§ 12 ff. ARegV betrauten Regulierungsbehörde steht bei der Auswahl der einzelnen Parameter und Methoden ein Spielraum zu, der in einzelnen Aspekten einem Beurteilungsspielraum, in anderen Aspekten einem Regulierungsermessen gleichkommt.

Der Effizienzvergleich für die Betreiber von Gasverteilernetzen für die erste Regulierungsperiode ist nicht deshalb rechtswidrig, weil den beteiligten Netzbetreibern eine umfassende Einsicht in das dem Effizienzvergleich zugrunde liegende Datenmaterial verwehrt worden ist.
Die technische Ausgestaltung des Netzes gehört grundsätzlich nicht zur Versorgungsaufgabe, sondern zu den Maßnahmen, mit denen der Netzbetreiber die ihm obliegende Versorgungsaufgabe erfüllt.
Ist der Effizienzwert für einen einzelnen Netzbetreiber unzutreffend ermittelt worden, weil Angaben zu einem Vergleichsparameter aufgrund einer irreführenden Gestaltung der Eingabemasken fehlerhaft waren, ist die Regulierungsbehörde gehalten, dem betroffenen Netzbetreiber eine Korrektur der dadurch verursachten Fehleingaben zu ermöglichen und dessen individuellen Effizienzwert neu zu berechnen.
Die Ausgestaltung des nach § 12 ARegV durchzuführenden Effizienzvergleichs ist durch Gesetz und Verordnung nicht in allen Details punktgenau vorgegeben. Der mit der Durchführung des Effizienzvergleichs betrauten Regulierungsbehörde steht bei der Auswahl der einzelnen Parameter und Methoden vielmehr ein Spielraum zu, der in einzelnen Aspekten einem Beurteilungsspielraum, in anderen Aspekten einem Regulierungsermessen gleichkommt.
Nach § 21a Abs. 2 Satz 1 EnWG in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung vom 09.12 2006 – die sich in den hier relevanten Punkten von der derzeit geltenden Fassung nicht unterscheidet – erfolgt die Anreizregulierung durch Vorgabe von Obergrenzen für die Höhe der Netzzugangsentgelte oder für die Gesamterlöse aus Netzzugangsentgelten, die innerhalb einer Regulierungsperiode erzielt werden dürfen. Hierbei sind Effizienzvorgaben zu berücksichtigen. Diese dürfen nach § 21a Abs. 4 EnWG nur auf beeinflussbare Kostenanteile bezogen werden.
Die Effizienzvorgaben werden nach § 21a Abs. 5 Satz 1 EnWG durch Bestimmung unternehmensindividueller oder gruppenspezifischer Effizienzziele auf Grundlage eines Effizienzvergleichs unter Berücksichtigung insbesondere der bestehenden Effizienz des jeweiligen Netzbetriebs, objektiver struktureller Unterschiede, der inflationsbereinigten gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsentwicklung, der Versorgungsqualität und auf diese bezogener Qualitätsvorgaben sowie gesetzlicher Regelungen bestimmt. Sie müssen gemäß § 21a Abs. 5 Satz 4 EnWG so gestaltet und über die Regulierungsperiode verteilt sein, dass der betroffene Netzbetreiber die Vorgabe unter Nutzung der ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen erreichen und übertreffen kann.
Die Methode zur Ermittlung von Effizienzvorgaben muss gemäß § 21a Abs. 5 Satz 5 EnWG so gestaltet sein, dass eine geringfügige Änderung einzelner Parameter der zugrunde gelegten Methode nicht zu einer insbesondere im Vergleich zur Bedeutung überproportionalen Änderung der Vorgaben führt. Weitere materiellrechtliche Vorgaben überlässt § 21a Abs. 6 EnWG einer Rechtsverordnung, die die nähere Ausgestaltung der Methode einer Anreizregulierung und ihrer Durchführung regeln (§ 21a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EnWG) und insbesondere nähere Anforderungen an die Zuverlässigkeit einer Methode zur Ermittlung von Effizienzvorgaben stellen kann (§ 21a Abs. 6 Satz 2 Nr. 6 EnWG).
Diese Verordnungsermächtigung wird durch die Anreizregulierungsverordnung ausgefüllt.
Gemäß § 12 Abs. 1 ARegV führt die Bundesnetzagentur vor Beginn der Regulierungsperiode einen bundesweiten Effizienzvergleich durch, um die Effizienzwerte für die einzelnen Netzbetreiber zu ermitteln. Nach § 13 Abs. 1 ARegV sind dabei Aufwandsparameter und Vergleichsparameter zu berücksichtigen. Als Aufwandsparameter sind die nach § 14 ARegV ermittelten Kosten anzusetzen (§ 13 Abs. 2 ARegV). Gemäß § 12 Abs. 4a ARegV ist zusätzlich eine Berechnung auf der Grundlage der Kosten vorzunehmen, die sich ohne die Vergleichbarkeitsrechnung für die Kapitalkosten nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 ARegV ergeben. Als Vergleichsparameter sind Parameter zur Bestimmung der Versorgungsaufgabe und der Gebietseigenschaften heranzuziehen, insbesondere die geografischen, geologischen oder topografischen Merkmale und strukturellen Besonderheiten der Versorgungsaufgabe auf Grund demografischen Wandels des versorgten Gebietes (§ 13 Abs. 3 Satz 1 ARegV). Aus dem ermittelten Effizienzwert ergibt sich die individuelle Effizienzvorgabe (§ 16 Abs. 1 Satz 1 ARegV).
Als anzuwendende Methoden werden in Anlage 3 Nr. 1 ARegV die Dateneinhüllungsanalyse (Data Envelopment Analysis DEA) als nichtparametrische und die stochastische Effizienzgrenzenanalyse (Stochastic Frontier Analysis SFA) als parametrische Methode vorgeschrieben. Nach Anlage 3 Nr. 3 ARegV sind in den Vergleich alle Druckstufen oder Netzebenen einzubeziehen. Anlage 3 Nr. 4 ARegV schreibt ferner vor, dass bei der Durchführung einer Dateneinhüllungsanalyse nichtfallende Skalenerträge zu unterstellen sind.
Nach Anlage 3 Nr. 2 ARegV wird die Effizienzgrenze von den Netzbetreibern mit dem besten Verhältnis zwischen netzwirtschaftlicher Leistungserbringung und Aufwand gebildet. Für Netzbetreiber, die danach als effizient ausgewiesen werden, gilt ein Effizienzwert von 100 Prozent, für alle anderen Netzbetreiber ein entsprechend niedrigerer Wert. Hierdurch wird entsprechend der Anforderung des § 21a Abs. 5 Satz 4 EnWG sichergestellt, dass die Effizienzvorgabe durch ein LeistungsKostenVerhältnis definiert wird, dessen Erreichbarkeit die Zahlen der (relativ) effizientesten Netzbetreiber dokumentieren.
Die gesetzliche Vorgabe, nähere Anforderungen an die Zuverlässigkeit einer Methode zur Ermittlung von Effizienzvorgaben zu formulieren, füllt die Anreizregulierungsverordnung durch mehrere, einander ergänzende Vorgaben aus:
Zum einen schreibt Anlage 3 Nr. 5 ARegV Analysen zur Identifikation von extremen Effizienzwerten (Ausreißern) vor. Besonders weitreichende Maßnahmen werden dabei für die Dateneinhüllungsmethode vorgegeben, weil bei dieser jede Abweichung vom definierten Effizienzmaßstab als Ineffizienz interpretiert wird.
Zum anderen bestimmt § 12 Abs. 3 ARegV, dass bei Abweichungen zwischen den mittels DEA und SFA ermittelten Effizienzwerten eines Netzbetreibers nur der höhere Wert maßgeblich ist. Entsprechendes gilt gemäß § 12 Abs. 4a Satz 3 ARegV, wenn sich bei der Berechnung anhand der Aufwandsparameter ohne Berücksichtigung der Vergleichbarkeitsrechnung nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 ein abweichender Wert ergibt. Im Ergebnis wird mithin von insgesamt vier ermittelten Werten nur der höchste berücksichtigt.
Obwohl das Energiewirtschaftsgesetz und die Anreizregulierungsverordnung hiernach sowohl hinsichtlich der anzuwendenden Methoden als auch hinsichtlich der zu berücksichtigenden Aufwands- und Vergleichsparameter entscheidende Weichenstellungen vorgeben, verbleiben bei der Ausgestaltung des Effizienzvergleichs im Einzelnen notwendigerweise erhebliche Spielräume.
Die in §§ 12 ff. und Anlage 3 ARegV enthaltenen Vorgaben sind trotz ihrer zum Teil hohen Regelungsdichte ausfüllungsbedürftig. Zur Ausfüllung dieser Vorgaben kommen unterschiedliche wissenschaftliche Methoden in Betracht. Die Auswahl einer konkreten Methode, die den abstrakten Vorgaben der Verordnung entspricht, hat der Verordnungsgeber an zahlreichen Stellen der Regulierungsbehörde überlassen. Auch soweit er bestimmte Parameter oder Methoden vorgegeben hat, sind diese Aufzählungen nicht abschließend, sondern räumen der Regulierungsbehörde ausdrücklich die Möglichkeit ein, zusätzliche Parameter oder Methoden heranzuziehen. So enthält § 13 Abs. 4 ARegV eine Aufzählung von die Versorgungsaufgabe bestimmenden Parametern, die zwingend heranzuziehen sind, eröffnet der Regulierungsbehörde aber zugleich die Möglichkeit, weitere Parameter heranzuziehen, für die § 13 Abs. 3 ARegV eine nicht abschließende Aufzählung enthält. Eine strukturell vergleichbare Regelung enthält Anlage 3 Nr. 5 Satz 15 ARegV, der eine Reihe von Methoden aufzählt, die im Rahmen der Ausreißeranalyse zur Anwendung kommen können, den alternativen oder zusätzlichen Rückgriff auf andere Methoden jedoch nicht ausschließt.
Dass solche Spielräume bestehen, deckt sich mit den Vorstellungen des Gesetzgebers. Dieser hat die gesetzlichen Vorgaben methodenoffen gestaltet, weil die Regulierungsbehörde das Anreizregulierungsmodell entwickeln soll[1].
Die der Regulierungsbehörde eröffneten Spielräume kommen hinsichtlich einiger Aspekte einem Beurteilungsspielraum, hinsichtlich anderer Aspekte einem Regulierungsermessen gleich.
Der Effizienzvergleich erfordert, wenn er die gesetzlich vorgegebene Zuverlässigkeit aufweisen soll, eine komplexe Modellierung der maßgeblichen Verhältnisse bei den einzelnen Netzen und Netzbetreibern, die nicht bis in alle Einzelheiten rechtlich vorgegeben werden kann; und vom Gesetzgeber bewusst nicht vorgegeben worden ist. Dies hat Auswirkungen auf die gerichtliche Kontrolldichte. Gerichtliche Kontrolle kann nicht weiter reichen als die materiellrechtliche Bindung der Instanz, deren Entscheidung überprüft werden soll. Sie endet deshalb dort, wo das materielle Recht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise das Entscheidungsverhalten nicht vollständig determiniert[2].
Ob und inwieweit es sich bei den der Regulierungsbehörde eröffneten Spielräumen um einen Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsseite der Norm oder um ein Regulierungsermessen auf der Rechtsfolgenseite handelt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Die für diese beiden Kategorien geltenden Kontrollmaßstäbe unterscheiden sich, wie auch das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat[3], eher verbal und weniger in der Sache.
Die Ausübung eines Beurteilungsspielraums ist darauf zu überprüfen, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemeingültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat[4]. Die Ausübung des eine Abwägung zwischen unterschiedlichen gesetzlichen Zielvorgaben erfordernden Regulierungsermessens ist vom Gericht zu beanstanden, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), wenn in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden ist (Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität)[5].
Ähnlich wie es das Bundesverwaltungsgericht bei telekommunikationsrechtlichen Entscheidungen angenommen hat[6], weist auch die Beurteilung der Effizienzwerte eine besondere Nähe zum Regulierungsermessen auf. Der Effizienzwert bestimmt die Effizienzvorgabe und damit die eigentliche Regelung in Gestalt der festgesetzten Erlösobergrenzen. Effizienzwert und Effizienzvorgabe sind damit das Ergebnis einer komplexen Bewertung, die sowohl die Erfassung und Beurteilung der maßgeblichen Elemente des Sachverhalts als auch die Auswahl zwischen mehreren in Frage kommenden Rechtsfolgen erfordert.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Januar 2014 – EnVR 12/12
- BT-Drs. 15/5268, S. 120[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 16.12 1992 1 BvR 167/87, BVerfGE 88, 40, 56, 61; Urteil vom 20.02.2001 2 BvR 1444/00, BVerfGE 103, 142, 156 f.; BVerwG, Urteil vom 02.04.2008 6 C 15.07, BVerwGE 131, 41 Rn.20[↩]
- BVerwG, Urteil vom 23.11.2011 6 C 11/10, NVwZ 2012, 1047 Rn. 38[↩]
- BVerwGE 131, 41 Rn. 21[↩]
- vgl. BVerwGE 131, 41 Rn. 47[↩]
- BVerwG, NVwZ 2012, 1047 Rn. 38[↩]