Aktuell hat sich der Bundesgerichtshof zur Fälligkeit einer – unter Außerachtlassung streitiger oder unwirksamer Preiserhöhungen ermittelten – Teilforderung des Grundversorgers [1] sowie zur Zulässigkeit einer Unterbrechung der Grundversorgung geäußert, wenn der Kunde die erteilte Jahresrechnung insgesamt mit der Begründung nicht bezahlt, sie enthalte nicht gerechtfertigte Preiserhöhungen.

Im hier entschiedenen Fall wird der Kläger wird von der Beklagten seit August 2005 als Tarifkunde nach der Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) mit Strom versorgt. Die Beklagte erhöhte jeweils zum Anfang der Jahre 2006, 2007 und 2008 ihre Preise. Auf die Jahresrechnung der Beklagten vom 07.11.2008 über 1.311,98 € für den Zeitraum bis zum 29.09.2008 leistete der Kläger zunächst keine Zahlungen. Die Beklagte mahnte mehrfach den Zahlungsrückstand unter gleichzeitiger Androhung der Unterbrechung der Stromversorgung an und ließ am 20.04.2009 die Stromsperre vollziehen. Der Kläger bestreitet die Richtigkeit und Angemessenheit der Abrechnung sowie eine Preisanpassungsberechtigung der Beklagten und macht die Unbilligkeit von in der Abrechnung enthaltenen Preiserhöhungen geltend. Er begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass die Androhung und Durchführung der Einstellung der Stromversorgung durch die Beklagte rechtswidrig gewesen ist.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Dortmund hat die Klage abgewiesen [2]. Das Oberlandesgericht Hamm hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen [3]. Die vom Oberlandesgericht Hamm in seinem Berufungsurteil zugelassene Revision des Klägers hatte vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg, der Bundesgerichtshof bestätigte die Urteile von Landgericht und Oberlandesgericht:
Die Beklagte war, so der Bundesgerichtshof, gemäß § 19 Abs. 2 StromGVV zur Unterbrechung der Stromversorgung berechtigt war. Der Kläger schuldete aus der Jahresrechnung – unabhängig von den streitigen Preiserhöhungen, die bei der Berechnung des Zahlungsrückstandes außer Betracht bleiben (§ 19 Abs. 2 Satz 4 bis 6 StromGVV) – bereits aufgrund des bei Vertragsschluss vereinbarten Anfangspreises zumindest einen Betrag von 1.005,48 €. Diese Teilforderung ist auch fällig geworden und rechtfertigte – auch unter Berücksichtigung späterer Zahlungen des Klägers – die Unterbrechung der Stromversorgung. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass der Kläger auch die Billigkeit der Anfangspreise in Abrede gestellt habe. Denn bei den bei Vertragsbeginn verlangten, allgemein bekannt gemachten Preisen handelt es sich um vereinbarte Preise, die keiner Billigkeitskontrolle unterliegen.
§ 17 Abs. 1 StromGVV/GasGVV knüpft die Fälligkeit einer nach § 16 StromGVV/GasGVV erteilten Stromrechnung lediglich an deren Zugang beim Abnehmer und an bestimmte Fristen [4]. Einwände gegen die Richtigkeit einer Stromrechnung berechtigen nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV/GasGVV zur Zahlungsverweigerung [5]. Diese Voraussetzungen sind hier, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht gegeben. Das zieht auch die Revision nicht in Zweifel.
Das Bestreiten der Billigkeit der Preisbestimmung des Versorgungsunternehmens fällt nicht unter § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV/GasGVV [6]. Auf die Unbilligkeit von einseitigen Preisfestsetzungen kann sich der Kunde, wie § 17 Abs. 1 Satz 3 StromGVV/GasGVV klarstellt [7], jedoch gemäß § 315 BGB berufen [8].
Ein auf § 315 BGB gestütztes Zahlungsverweigerungsrecht steht dem Kläger hinsichtlich der vom Berufungsgericht als fällig und begründet angesehenen Teilforderung in Höhe von 1.005,48 € schon deshalb nicht zu, weil das Berufungsgericht bei der Errechnung der Höhe dieses Betrags zu Gunsten des Klägers alle streitigen Preiserhöhungen außer Betracht gelassen und allein den vereinbarten Anfangspreis zugrunde gelegt hat. Deshalb kommt es für den Bundesgerichtshof auch nicht darauf an, ob der Beklagten ein Preisanpassungsrecht nach § 5 Abs. 2 StromGVV überhaupt zusteht oder ob diese Bestimmung mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren ist, die nach Art. 3 Abs. 5 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/54 EG an die Transparenz von Preisänderungsklauseln zu stellen sind [9].
Die auf der Grundlage der Anfangspreise errechnete Teilforderung sind jedenfalls nicht deshalb nicht fällig geworden, weil der Kläger auch die Billigkeit der Anfangspreise in Abrede gestellt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei den bei Vertragsbeginn vom Versorger verlangten, allgemein bekannt gemachten Preisen um vereinbarte Preise und ist für eine Billigkeitskontrolle vereinbarter [10] Strompreise kein Raum [11].
Der Regelungszusammenhang der §§ 17, 19 StromGVV spricht nicht gegen, sondern für die Fälligkeit eines von den Einwänden aus § 17 Abs. 1 Satz 2 und 3 StromGVV nicht berührten Sockelbetrags der Abrechnung.
Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat und auch die Revision einräumt, wird aus der Formulierung des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV („soweit“) deutlich, dass offensichtliche Fehler in einer Rechnung die Fälligkeit der Forderung nur in dem Umfang hemmen, in dem sich der Fehler auswirkt.
Für im Hinblick auf § 315 BGB streitige Preisanpassungen gilt nichts anderes. Nach § 19 Abs. 2 Satz 4 bis 6 StromGVV bleiben bei der Berechnung des eine Unterbrechung der Stromversorgung rechtfertigenden Zahlungsrückstands von mindestens 100 € nicht nur diejenigen nicht titulierten Forderungen außer Betracht, die der Kunde form- und fristgerecht sowie schlüssig begründet beanstandet hat, sondern auch diejenigen Rückstände, die aus einer streitigen und noch nicht rechtskräftig entschiedenen Preiserhöhung des Grundversorgers resultieren. Auch diese Regelung zeigt, dass Forderungen aus einer Rechnung, die auf einer streitigen oder unwirksamen Preiserhöhung beruhen, nur insoweit bei der Unterbrechung der Versorgung außer Betracht bleiben, als die Forderung auf der Preiserhöhung beruht. Gegen die Fälligkeit des davon nicht erfassten Teils der Forderung bestehen deshalb keine Bedenken.
Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Auffassung des Klägers, bei streitigen Preiserhöhungen werde auch eine unabhängig davon bestehende Teilforderung des Versorgers nicht fällig, darauf hinaus liefe, dass der Kunde über lange Zeit Strom beziehen könnte, ohne hierauf irgendwelche Zahlungen leisten zu müssen. Das wäre mit dem Zweck der §§ 17 ff. StromGVV, dem Stromversorger als Korrelat für den ihm auferlegten Kontrahierungszwang und seine grundsätzliche Vorleistungspflicht ein zügiges Inkasso zu ermöglichen, nicht zu vereinbaren.
Aus dem BGH-Urteil vom 9. Februar 2011 [12] ergibt sich nichts anderes. Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass die Fälligkeit der ohne Berücksichtigung der streitigen Preiserhöhungen ermittelten und insoweit jedenfalls begründeten Teilforderung der Beklagten zu verneinen wäre.
Das Oberlandesgericht Hamm meint im Anschluss an ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz [13], es setze sich mit seiner Auffassung, wonach Forderungen aus einer Endabrechnung eines Energieversorgers, die teilweise auf streitigen und auch unwirksamen Preisanpassungen beruhten, zumindest hinsichtlich des Teils fällig würden, welcher sich auf der Grundlage eines vertraglich vereinbarten Anfangspreises ergebe, in Widerspruch zu den Ausführungen des BGH-Urteils vom 9. Februar 2011 [14]. Das trifft nicht zu. Der Bundesgerichtshof hat nicht, wie das OLG Hamm meint, entschieden, dass die Jahresrechnung eines Versorgers, die teilweise auf unwirksamen Preiserhöhungen beruht, „insgesamt“ – das heißt auch hinsichtlich eines jedenfalls gerechtfertigten Teilbetrags – nicht fällig wäre.
Die vom Oberlandesgericht Hamm aufgeworfene Frage, ob eine infolge unwirksamer Preisanpassungen überhöhte Rechnung insgesamt oder nur hinsichtlich des überhöhten Teilbetrags nicht fällig ist, spielte im damaligen BGH-Urteil keine Rolle. Dort ging es um die Feststellung der mangelnden Fälligkeit von Ansprüchen in bestimmter Höhe für den Erdgasverbrauch, die wegen unwirksamer Preisanpassungen in der geltend gemachten Höhe jedenfalls nicht bestanden und daher in dieser Höhe auch nicht fällig waren. Nur darauf bezieht sich der damalige Feststellungsausspruch. Ob ein (gerechtfertigter) Sockelbetrag dieser Forderungen mit der Abrechnung fällig geworden war oder nicht, war nicht Gegenstand des Feststellungsantrags und der Ausführungen des Bundesgerichtshofs in den Entscheidungsgründen. Sollten die Ausführungen des Bundesgerichtshofs anders zu verstehen sein, wird daran nicht festgehalten.
Der Kläger befand sich damit auch unter Berücksichtigung seiner vor der Stromsperre noch geleisteten Teilzahlungen zum Zeitpunkt der Unterbrechung mit einem die Unterbrechung der Stromversorgung rechtfertigenden Betrag in Rückstand. Es lagen auch die weiteren Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 StromGVV vor. Der Kläger ist mit diesem Zahlungsrückstand aufgrund der Mahnungen der Beklagten auch dann in Verzug geraten, wenn die Preiserhöhungen unwirksam waren und die Forderung aus der Jahresrechnung vom 07.11.2008 somit nur hinsichtlich des vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Sockelbetrags bestand.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerät der Schuldner auch bei der Anmahnung einer Zuvielforderung in Verzug, wenn er die Mahnung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger auch zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist; bei einer unverhältnismäßig hohen Zuvielforderung kann das zu verneinen sein [15].
Diese Voraussetzungen für den Verzug des Klägers hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei unter Hinweis darauf bejaht, dass die etwaige Zuvielforderung der Beklagten nicht mehr als zehn Prozent der jedenfalls berechtigten Forderung ausmachte und es dem Kläger auch ohne nennenswerten Aufwand möglich gewesen wäre, den zumindest geschuldeten Betrag zu errechnen, weil sämtliche Berechnungsfaktoren in der Rechnung vollständig und verständlich ausgewiesen waren. Gegen diese Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts wendet sich die Revision vergeblich. Mit ihrer Auffassung, es sei dem Kläger nicht zuzumuten gewesen, einen jedenfalls geschuldeten Betrag zu ermitteln und zu bezahlen, setzt sie nur ihre Sicht der Dinge an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung, ohne Rechtsfehler etwa übergangenen Sachvortrag aufzuzeigen.
Vergeblich macht die Revision schließlich geltend, es sei bei streitigen Preiserhöhungen nicht Sache des Kunden, sondern des Versorgers, die Aufspaltung seiner Forderung in eine streitige und eine auf unstreitigen Preisen beruhende Teilforderung gegenüber dem Kunden vorzunehmen.
Wer ein Zahlungsverweigerungsrecht geltend macht, muss sich nach allgemeinen Grundsätzen selbst Gewissheit über den Umfang seiner Berechtigung zur Zahlungsverweigerung verschaffen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dies dem Schuldner – wie hier dem Kläger – zumutbar ist. Aus § 19 Abs. 2 Satz 6 StromGVV ergibt sich nichts anderes. Die Bestimmung schreibt nur vor, dass Rückstände, die aus streitigen Preiserhöhungen resultieren, bei der Berechnung des die Unterbrechung der Stromversorgung rechtfertigenden Betrages – wie hier geschehen – außer Betracht bleiben, aber nicht, dass der Versorger seine Abrechnung(en) aufzuschlüsseln und die nach Abzug der streitigen Position(en) verbleibende, jedenfalls gerechtfertigte Teilforderung dem Kunden darzulegen hätte, bevor er die Stromversorgung unterbricht.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Dezember 2013 – VIII ZR 41/13
- Klarstellung von BGH, Urteil vom 09.02.2011 – VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 48[↩]
- LG Dortmund – Urteil vom 27.01.2011 – 13 O 46/09 [↩]
- OLG Hamm – Urteil vom 18.01.2013 – I19 U 53/11[↩]
- st. Rspr.; BGH, Urteil vom 16.10.2013 – VIII ZR 243/12, juris Rn. 29; vgl. auch BGH, Urteile vom 22.10.1986 – VIII ZR 242/85, WM 1987, 267 unter – II 2 b bb; vom 06.12 1989 – VIII ZR 8/89, WM 1990, 608, unter B – I 2 c; Morell, GasGVV, Stand August 2013, F § 17 Rn. 1 ff.[↩]
- BGH, Urteil vom 16.10.2013 – VIII ZR 243/12, aaO Rn. 30 mwN[↩]
- BR-Drs.-. 306/06, S. 37; vgl. BGH, Urteile vom 30.04.2003 – VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131 unter – II 2 a zu § 30 AVBWasserV; vom 21.11.2012 – VIII ZR 17/12, CuR 2013, 19 Rn. 11 ff. zu § 30 AVBEltV, AVBWasserV und AVBFernwärmeV[↩]
- BR-Drs.-. 306/06, S. 37[↩]
- Morell, aaO, F § 17 Rn. 26[↩]
- dazu Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 29.06.2011 – VIII ZR 211/10, RdE 2011, 372[↩]
- Gas- oder[↩]
- BGH, Urteile vom 13.07.2011 – VIII ZR 342/09, NJW 2011, 2800 Rn. 36; vom 09.02.2011 – VIII ZR 295/09 NJW 2011, 1342 Rn. 45; vom 19.11.2008 – VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rn. 17 ff.[↩]
- BGH, Urteil vom 09.02.2011 – VIII ZR 295/09, aaO Rn. 48[↩]
- OLG Koblenz, BeckRS 2012, 15054; ebenso OLG Koblenz, Urteil vom 11.08.2011 – U 585/10 Kart[↩]
- BGH, Urteils vom 09.02.2011 – VIII ZR 295/09, aaO[↩]
- BGH, Urteil vom 09.11.2000 – VII ZR 82/99, BGHZ 146, 24, 35 mwN[↩]